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Saufende Schimpansen

Erde|Umwelt

Saufende Schimpansen
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Ein wilder Schimpanse trinkt vergorenen Palmsaft mit Hilfe eines Blattschwamms (G. Obashi)
Dass wilde Tiere vergorenen Früchte fressen und sich dadurch einen Schwipps holen, ist spätestens seit dem Dokumentarfilm “Die lustige Welt der Tiere” nichts Neues mehr. In Guinea aber gehen Schimpansen noch einen Schritt weiter: Sie laben sich an alkoholhaltigem Palmsaft, den die örtliche Bevölkerung abzapft und sammelt. Die Menschenaffen öffnen dafür die mit Blättern abgedeckten Behälter und schöpfen den vergorenen Saft mit einem Schwamm aus zerkauten Blättern. Ob sie dies gezielt wegen des Alkohols tun, muss allerdings noch untersucht werden.

In nahezu allen menschlichen Kulturen kennt und nutzt man alkoholische Getränke aus fermentierten Pflanzenteilen, wie Kimberley Hockings von der Oxford Brookes University in Oxford und ihre Kollegen berichten. Schon unsere Vorfahren tranken solche Gebräue, um sich zu kultischen Zwecken zu berauschen oder Erfolge zu feiern. Auch einige Affenarten wurden schon dabei beobachtet, wie sie vergorene Früchte fressen oder sogar gezielt alkoholische Getränke zu sich nehmen. So trinken die in Südostasien heimischen Plumploris vergorenen Nektar einer Palmenart, Grüne Meerkatzen auf der Karibikinsel St.Kitts haben gelernt, Touristen ihre Cocktails zu klauen. Ob allerdings unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, in freier Wildbahn Alkohol trinken, wenn er ihnen zufällig zur Verfügung steht, war bisher unklar. Beobachtungen von Hockings  und ihren Kollegen in Guinea deuten nun darauf hin, dass auch die Menschenaffen dem berauschenden Getränk nicht abgeneigt sind.

In dem Dorf Bossou in Guinea nutzen die Bewohner den Saft von Raffia-Palmen (Raphia hookeri), um ein alkoholhaltiges Getränk herzustellen. Dafür sammeln sie den aus Stammverletzungen herabtropfenden Palmensaft in 30 bis 50
Liter fassenden Plastikcontainern, die sie mit Blättern abdecken. Zweimal am Tag wird der bereits vergorene Saft abgeholt, bis dahin stehen die Behälter unbewacht im Wald. Wie Beobachtungen zeigten, ist diese Quelle süßen, alkoholischen Safts auch den Schimpansen der Umgebung nicht entgangen. Immer wieder ertappten die Forscher die Affen dabei, wie sie sich den Behältern näherten und mit einer raffinierten Methode gezielt Saft abzapften. Im Durchschnitt geschah dies etwa dreimal im Jahr, wie die Wissenschaftler berichten.

Blätterschwamm als Hilfsmittel

Um an den Palmensaft zu gelangen, schoben die Schimpansen zunächst die Abdeckblätter der Behälter zur Seite. Dann fertigten sie sich ein Werkzeug an: Sie nahmen dafür einige der Blätter in den Mund und zerkauten sie, bis eine schwammige Masse entstand. “Dieses saugfähige Werkzeuge schoben sie dann in die kleine Öffnung des Behälters und tauchten es in den Palmensaft ein”, berichten die Forscher. Dann holten die Schimpansen den vollgesogenen Schwamm wieder heraus und lutschten ihn mit dem Mund aus. Waren mehrere Schimpansen an den Saftbehältern, wechselten sie sich entweder ab oder die später ankommenden
bildeten eine Schlange und warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren. Der Trunk zeigte dabei durchaus Wirkung: “Einige der Schimpansen nahmen signifikante Mengen Alkohol auf und zeigten deutliche Anzeichen für Trunkenheit”, so Hockings und ihre Kollegen. Kein Wunder, der Saft enthält immerhin gut drei Prozent Ethanol, wie Messungen ergaben.

“Dies ist der erste empirische Beleg dafür, dass Menschenaffen auch in freier Wildbahn wiederholt und gezielt Alkohol konsumieren”, konstatieren die Forscher. Dass dies nur zufällig geschieht, wie bei vergorenen Früchten, sei in diesem Falle sehr unwahrscheinlich. Denn die Schimpansen nutzen nicht nur ein Werkzeug, um an den fermentierten Palmensaft zu gelangen, sie suchen die Behälter auch wiederholt auf. Der typische – und deutliche – Alkoholgeschmack  des Safts scheint unsere nächsten Verwandten dabei wenig zu stören. Ob sie den Saft allerdings wegen des Alkohols trinken, oder eher weil er auch süßlich schmeckt, muss nun noch in Experimenten  untersucht werden.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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