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Alarm! Tropen-Mücken in Deutschland

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Alarm! Tropen-Mücken in Deutschland
In Detektivarbeit verfolgen Forscher die Ausbreitung von Mücken, die gefährliche Krankheiten wie das West-Nil-Fieber übertragen können.

Die Kinder haben sie „Dornröschen“ getauft. Weil sie ja stechen könne und jetzt schlafe. Eine merkwürdige Mücke haben wir da gefangen, ziemlich klein und mit lustigen Federbüscheln als Antennen. Ist sie vielleicht ein Exot aus Südeuropa? Gar eine Asiatische Buschmücke, von der es heißt, sie komme neuerdings bei uns im Köln- Bonner Raum vor? In ein paar Wochen werden wir es wissen. Denn wir nehmen Teil an einem deutschlandweiten Forschungsprojekt.

„Mückenatlas“ heißt es und wird durchgeführt vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (Brandenburg) und dem Bundesinstitut für Tiergesundheit in Greifswald, auch bekannt als Friedrich-Loeffler-Institut. Im Auftrag der Bundesregierung kartieren Wissenschaftler dabei die Verbreitung der Stechmücken in Deutschland – nicht nur aus zoologischem Interesse, sondern vor allem für die Gesundheit von Mensch und Nutztier: „Globalisierung und Klimaerwärmung machen es immer wahrscheinlicher, dass gefährliche Viren nach Deutschland eingeschleppt werden und sich festsetzen“, sagt Projektleiter Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut. „Und exotische Mücken, von denen wir wissen, dass sie Erreger verbreiten können, finden wir immer häufiger.“ Epidemien schwerer Fiebererkrankungen seien daher nicht auszuschließen – West-Nil-Fieber etwa, Chikungunya- oder sogar Dengue-Fieber. Sie können Menschen für Monate außer Gefecht setzen – oder sogar töten.

Die Gefahr wollen die Forscher im Keim ersticken, indem sie schnell erkennen, wenn sich irgendwo eine Population gefährlicher Mücken zu etablieren droht. Und so reisen sie im ganzen Land umher und sammeln Mücken, um sie zu bestimmen. Allerdings kann eine Handvoll Forscher natürlich unmöglich flächendeckend arbeiten. Daher wird die Bevölkerung um Hilfe gebeten: „Jede Mücke, die uns jemand mit Ortsangaben zusendet, hilft, die Deutschlandkarte der Mücken zu vervollständigen“, sagt Doreen Werner, Projektleiterin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung.

Dornröschen haben die Kinder am Wohnzimmerfenster erwischt: Natürlich nicht mit der Zeitung – mit Mücken-Matsche können die Forscher nichts anfangen. Sie haben einen Becher über das Insekt gestülpt, Deckel drauf, ab ins Gefrierfach, am nächsten Tag in eine Streichholzschachtel umgebettet und per Post an die Mückenforscher geschickt. Sie werden Dornröschen, körperlich unversehrt, unter die Lupe nehmen und uns Bescheid geben, zu welcher Spezies sie gehört.

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Tausende Deutsche haben es uns seit 2012 gleichgetan, sie haben Mücken – oder das, was sie dafür hielten – an das Projekt Mückenatlas geschickt. „Wir haben schon Spinnen, Käfer, Motten, ja sogar Schamläuse erhalten“, sagt Doreen Werner. „Aber das macht nichts. Der Großteil sind wirklich Mücken, und wir haben schon einige wichtige Entdeckungen gemacht.“

Zum Beispiel sind die Forscher durch die Einsendungen der Asiatischen Buschmücke auf die Schliche gekommen. Bis vor Kurzem trat diese ursprünglich aus Japan, Korea, Südrussland und China stammende Stechmücke nur in Südwestdeutschland auf, nicht weiter nördlich als Stuttgart. „Doch im Sommer 2012 bekamen wir ein Exemplar aus dem Köln-Bonner Raum zugeschickt“, berichtet Doreen Werner. „Und dann noch eins und noch eins, insgesamt sieben – das konnte kein Zufall sein.“ Zusammen mit Helge Kampen machte sie sich auf zu den Findern und nahm die Ermittlungen auf.

Mückenkartierung ist Detektivarbeit: Die Wissenschaftler wollen herausfinden, ob die Tiere sich vor Ort vermehren und dauerhaft etablieren. Und sie suchen nach Hinweisen, wie sie dorthin gelangt sind.

Werner und Kampen befragen die Finder nach dem genauen Fundort, suchen Haus und Garten ab, prüfen jedes Wasser auf Eigelege und Larven – ob in Astloch, Regentonne oder einer liegen gebliebenen Dose. Sie stellen Fallen mit Lockstoffen auf, um weitere erwachsene Exemplare zu fangen, und erkunden die Umgebung. Im Idealfall gibt es in der Nähe einen Friedhof, denn Friedhöfe sind perfekte Forschungsfelder.

Brutstätten zwischen Grabsteinen

Ortstermin am Friedhof von Linz am Rhein, südlich von Bonn. Helge Kampen und Doreen Werner gehen von Beet zu Beet. Sie haben es auf die unzähligen Gefäße abgesehen, die voll Wasser stehen: Vasen, Untersetzer, offene Grablichtbecher, Brunnen. „Das sind optimale Brutstätten für Stechmücken“, sagt Werner. Aus ihrem Rucksack holt sie ein kleines Haushaltssieb, eine Pinzette und Einmachgläschen heraus. Sie führt das Sieb durch das Wasser einer tönernen Vase – neben Pflanzenteilen verfangen sich mehrere zuckende Würmchen darin.

„Mückenlarven“, sagt Werner, während sie jede einzeln mit der Pinzette in das Glas gibt. „Sehen Sie die Unterschiede? Das sind zwei verschiedene Gattungen: Schwanz und Kopf der einen Larve sind anders geformt als die der anderen, und sie zucken unterschiedlich. Die eine gehört zu Culex pipiens, der Gemeinen Stechmücke – auch Nördliche Hausmücke genannt. Die kommt in ganz Deutschland vor.“ Und die andere? „Aedes japonicus, Asiatische Buschmücke“. Treffer!

Doch Kampen und Werner wirken nicht überrascht: „Die Buschmücke hat sich von Köln bis Koblenz auf rund 2000 Quadratkilometern fest angesiedelt“, erläutert Helge Kampen. „ Dort finden wir sie inzwischen überall, gerade hier in der Gegend wimmelt es nur so. Wir dokumentieren, wie stark sie sich ausbreitet. Loswerden können wir sie nicht mehr. Der Zug ist abgefahren.“

In den Gläschen ist Alkohol, um die Larven zu konservieren. Die Buschmücken werden später im Labor genetisch untersucht, um zu sehen, wie die verschiedenen Populationen Europas miteinander verwandt sind – ob eine also der Ableger einer anderen ist oder vielleicht direkt aus Japan stammt. Auch in der Nähe von Hannover sind Buschmücken aufgetaucht, ebenfalls per Einsendung eines privaten Helfers. Deutschlandweit sind inzwischen drei Populationen bekannt.

„Wie sie hergekommen sind, ist unklar“, sagt Kampen. Üblicherweise werden Buschmücken-Eier aus Asien durch den Export von Zimmerpflanzen wie dem Glücksbambus verschleppt. Oder durch den Handel mit Gebrauchtreifen. Klingt kurios, ließ sich aber für eine Population in Belgien schlüssig nachweisen: Mücken der Gattung Aedes heften ihre Eier am liebsten an eine Struktur unmittelbar über einer Wasseroberfläche, in freier Natur vielleicht eine Baumwurzel oder einen Stein im Tümpel. Wenn der Wasserspiegel steigt und die Eier benetzt, schlüpfen die Larven. „ So gehen die Mücken sicher, dass genügend Wasser für die Entwicklung der Larven da ist“, sagt Kampen.

Alte Autoreifen sind ideale Orte zur Eiablage: In ihnen sammelt sich Regenwasser, und die Mückeneier haften an dem Gummi wunderbar. Auf der Innenseite des Reifens sind sie gut geschützt. Wenn irgendwann erneut Regen fällt, selbst noch Monate später, geht es los. „In Asien liegen viele Altreifen auf Halde“, weiß Kampen. „Und sie werden von dort in alle Welt verschifft, zur Befeuerung von Industrieanlagen, für den Straßenbau, zum Recycling.“ Die belgische Buschmücken-Population lebt in unmittelbarer Nähe von gleich zwei Gebrauchtreifenhändlern, die ihre Ware auch aus Asien beziehen.

Allerdings: In Deutschland handelt kaum jemand mit Altreifen aus Asien, zumindest nicht im Verbreitungsgebiet der Buschmücke. Und von Belgien aus ins Rheinland geflogen sind die Tierchen auch nicht. „Mücken entfernen sich in ihrem kaum mehr als ein paar Wochen langen Leben in der Regel nur wenige Kilometer weit vom Schlupfort“, sagt Doreen Werner. „Eine natürliche Verbreitung über größere Entfernungen dauert viele Jahre.“ Vielleicht war es also doch der Bambus? „Wir wissen es nicht.“

Erhöhte Seuchengefahr

Aber was bedeutet die eingeschleppte Buschmücke nun in Sachen Seuchengefahr? Laborexperimente in den USA haben gezeigt: Sie kann vielerlei Krankheiten übertragen, darunter Gelbfieber, Dengue- und Chikungunya-Fieber. Außerdem Rifttal-Fieber, das vor allem für Rinder gefährlich ist. Im Freiland wurde in ihr auch schon das West-Nil-Virus gefunden. Eine Epidemie hat man bislang allerdings nicht auf sie zurückgeführt. In ihrer Heimat ist das Klima kühl wie bei uns, folglich gibt es dort genauso wenige tropische Viren, die sie übertragen könnte.

Wie effektiv sie also tatsächlich als Überträger solcher Viren ist – wie groß ihr „Vektorpotenzial“ ist, wie Experten das nennen – ist zweifelhaft. Das gilt allerdings genauso für heimische Mücken: „Das Vektorpotenzial unserer Hausmücke kennen wir sogar noch weniger“, sagt Helge Kampen. „Da gibt es bislang kaum Laborergebnisse.“ Am Friedrich-Loeffler-Institut wollen die Wissenschaftler in diesem Jahr eine Versuchsreihe starten, unter anderem mit dem West-Nil-Virus. Noch sind aber nicht alle Genehmigungen für den Umgang mit den gefährlichen Erregern in den institutseigenen Hochsicherheitslaboren beisammen. Tatsächlich ist durchaus denkbar, dass auch die Gemeine Stechmücke als Überträger exotischer Viren dienen kann.

Malaria ist in dieser Hinsicht übrigens ein anderer Fall. Das tropische Sumpffieber wird nur von Mücken der Gattung Anopheles übertragen. Von dieser gab es in Deutschland schon immer mehrere Arten. Trotzdem gelang es nach dem Zweiten Weltkrieg, die Seuche hierzulande auszurotten. „In Deutschland sind die Möglichkeiten, Malaria zu behandeln, sehr gut“, sagt Egbert Tannich von Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. „Zudem durchläuft der Erreger – ein einzelliger Parasit – in der Mücke verschiedene Entwicklungsstadien. Diese wesentlich komplexere Vermehrung dauert länger als die von Viren und findet nur bei recht hohen Außentemperaturen statt.“

Da es bei uns selten über längere Zeit tropisch warm ist und es keine infizierten Menschen gibt, bei denen sich die Mücke Parasiten einverleiben kann, hat die Malaria in Deutschland nur geringe Chancen, zurückzukommen. So wurden seit den 1950er-Jahren neben der ab und an auftretenden Flughafen-Malaria durch mitgereiste Mücken nur wenige klinische Einzelfälle bekannt, etwa 1999 in Duisburg und 2007 in Berlin. Die Betroffenen waren zuvor nicht im Ausland gewesen, und es gab keinen Flughafen in der Nähe. Wahrscheinlich hatten sie sich also über heimische Mücken angesteckt.

Überträger von über 20 Virenarten

Akute Sorgen bereitet den Forschern indes eine andere Mücke – ein Exot, der noch bedrohlicher ist als die Asiatische Buschmücke und jede andere in Deutschland vorkommende Art. Von dieser Spezies ist bekannt, dass sie rund um den Globus schon unzählige Epidemien verursacht hat. Weit über 20 Virenarten und andere Erreger kann sie übertragen, darunter viele mit tödlichem Potenzial. Noch dazu ist sie tagaktiv und extrem aggressiv. Anders als heimische Stechmücken fliegt sie ihren Opfern hinterher, um zuzustechen: die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus).

Seit den 1990er-Jahren verbreitet sich diese aus den Subtropen Asiens stammende Art in Europa. Da sie es wärmer mag als die Buschmücke, beschränkt sie sich zurzeit noch weitgehend auf den Mittelmeerraum. In Spanien, Südfrankreich, Italien und Griechenland hat sie bereits kleinere Epidemien mit mehreren Todesfällen ausgelöst. Doch auch in Deutschland ist sie schon aufgetaucht, vor allem in der Nähe süddeutscher Raststätten entlang der Autobahnen Richtung Mittelmeer. „Jedes Jahr finden wir mehr Exemplare“, sagt Andreas Rose von der Firma Biogents, die Mückenfallen herstellt und in alle Welt verkauft. Gemeinsam mit Kompagnon Martin Geier, beide ursprünglich Mückenforscher an der Universität Regensburg, überwacht Rose im Bundesauftrag die Einfallstore für tropische Mücken in Bayern.

Die Tigermücken werden per Auto oder Lastwagen aus Südeuropa eingeschleppt, meist einzeln. Doch zumindest in einem Fall gab es auch Nachwuchs: „Im Spätsommer 2013 haben wir nahe der A93 bei Kiefersfelden nicht nur Eier, sondern auch Larven entdeckt, also Hinweise auf eine komplette Population der Tigermücke“, berichtet Rose. Die entscheidende Frage sei, ob eine solche Population den Winter übersteht. Nur dann kann sie sich dauerhaft etablieren. „ Wir haben im Frühjahr 2014 intensiv gefahndet, haben überall Fallen aufgestellt und in jedes feuchte Astloch geschaut“, sagt Rose. „Aber wir haben kein einziges Exemplar gefunden.“

Der deutsche Winter ist der Tigermücke also offenbar zu ungemütlich – zumindest im Inntal bei Kiefersfelden, das von Bergen umgeben ist. Vielleicht aber nicht in Freiburg im Oberrheintal, dem wärmsten Flecken Deutschlands. Denn genau dort wurde im Spätsommer 2014 der Mückenatlas fündig: Von einer Frau im Osten Freiburgs erhielt Doreen Werner eine Tigermücke. „Sie wird aufgrund ihrer ähnlichen Musterung oft mit der Ringelschnake verwechselt.“ Aber dieses Exemplar war echt. Sofort fuhren Werner und Kampen nach Freiburg. „Wir fanden auch Larven und Puppen“, berichtet Werner. „Offenbar hatte sich zumindest eine kleine Population angesiedelt.“

Gute Überlebenschancen

In Freiburg ist das Klima für die Mücken günstiger als in Kiefersfelden. „Zudem hat Freiburg eine weit verzweigte Kanalisation“, sagt Andreas Rose. „Darin könnten die Weibchen der Tigermücke über den Winter kommen, weil es vergleichsweise warm und feucht bleibt. Auch Eier könnten den Winter überstehen.“ Was den Freiburger Fund zusätzlich interessant macht: Er liegt 13 Kilometer von der nächsten Autobahn entfernt. Die Mücken scheinen also auf einem anderen Weg dorthin gelangt zu sein.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Winter überstehen? „Ich rechne eigentlich nicht damit, aber der letzte Winter war sehr mild, und die Tigermücke passt sich zunehmend den kühleren Temperaturen an“, so Kampen. Er will genau nachsehen. Im Juli oder August sei am ehesten mit Funden zu rechnen. Und was ist, wenn die Tigermücke es schafft? „Dann läuten alle Alarmglocken!“, sagt Kampen.

Bei den meisten Mücken geben sich Experten in Hinblick auf Epidemien entspannt. Denn Mücken allein machen noch keine Seuche. „Es müssen schon viele Zufälle zusammenkommen, damit eine Epidemie entsteht“, betont Kampen. Ein infizierter Wirt, ob nun ein menschlicher Reisender aus den Tropen oder bei manchen Viren auch ein Zugvogel, muss auf die richtigen Mücken treffen, und es muss mehrere Tage bis Wochen warm genug bleiben, damit der Erreger sich in der Mücke weiterentwickelt und die Mücke aktiv bleibt.

Die Tigermücke aber, wenn sie einmal mit den Temperaturen zurechtkommt, ist für etliche Erreger ein äußerst effektiver Überträger. Viele Viren entwickeln sich in ihrem Körper sehr gut. Für Rose ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie in Deutschland endgültig ankommt. „Südlich der Alpen haben wir zurzeit eine Art Zuchtprogramm für winterfeste Tigermücken“, sagt er. „Jeden Sommer schwappen sie die Hänge hoch und werden im Winter von der Kälte wieder zurückgedrängt. Dabei härten sich die Mücken immer mehr ab, und irgendwann überstehen sie auch den Winter nördlich der Alpen.“

Dabei kommt den Mücken der Klimawandel entgegen: „Zwar nicht von einem Jahr auf das nächste“, meint Helge Kampen, „aber langfristig gesehen.“ In 10 bis 20 Jahren werde man die Tigermücken mit Sicherheit viel weiter nördlich finden. Vom Prinzip her könnten sie sich selbst in Skandinavien ansiedeln, wenn es dort nur warm und feucht genug wird.

Alle Experten sind sich einig, dass man bei der Tigermücke unbedingt Maßnahmen ergreifen sollte, um ihre Ausbreitung zu verhindern. Am besten natürlich, bevor sie gefährliche Viren aufnehmen kann. Man müsste lokale Populationen mit Insektiziden bekämpfen, Bakterien wie Bacillus thuringiensis einschleusen, die die Mücken schwächen, womöglich auch sterilisierte Männchen züchten, die sich paaren, aber keinen Nachwuchs zeugen können.

Auch bei der Bekämpfung könnte die Bevölkerung mithelfen. Es bräuchte eine Aufklärungskampagne, damit die Menschen in den betroffenen Gebieten alle noch so kleinen Wasserbehälter in ihren Gärten leeren.

Keiner fühlt sich verantwortlich

Allerdings sieht es so aus, als reagierten die Verantwortlichen wieder einmal erst, wenn bereits eine Epidemie um sich greift. „Ich versuche seit Monaten, die Politiker zu aktivieren“, sagt Helge Kampen. „Das Problem ist, dass für Mückenbekämpfung niemand zuständig ist. Erst bei der Eindämmung der Krankheitserreger greift das Infektionsschutzgesetz, und die Bundesländer stehen in der Verantwortung.“

Der Mückenforscher berichtet von Spanien, wo man die Tigermücke vor einigen Jahren im Raum Barcelona frühzeitig entdeckt habe. „Dann ging der Kampf zwischen verschiedenen Behörden los, und bis man sich einigen konnte, war es zu spät, um gegenzusteuern.“ Nun warten die Forscher gespannt, ob sich die Tigermücke in diesem Sommer in Freiburg etabliert.

Und was haben wir an unserem Wohnzimmerfenster im rheinischen Königswinter aufgespürt? Eine Tigermücke ist Dornröschen nicht, das konnten wir selbst erkennen, denn unsere Mücke war nicht getigert. Drei Wochen nach der Einsendung kam Post von Doreen Werner. Darin waren zwei hübsche Urkunden für die jungen Mückenjäger. Was sie gefangen hatten, war wirklich eine Stechmücke. Allerdings eine äußerst harmlose: Dornröschen ist ein Mann, und zwar einer der Art Gemeine Stechmücke.

Männliche Mücken stechen nicht. Sie ernähren sich von Pflanzensäften. Nur die Weibchen saugen Blut, und das auch bloß, weil sie die Proteine zur Eiproduktion brauchen. Überleben können auch sie mit Pflanzenkost. Mücken brauchen das Blut also, um Kinder zu kriegen. Irgendwie rührend. Mit diesem Wissen gibt man fast freiwillig ein paar Tropfen ab – solange es keine Tigermücke ist. •

von Jan Berndorff

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