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Hummeln im Bann der Klimaerwärmung

Erde|Umwelt

Hummeln im Bann der Klimaerwärmung
15-07-09 Hummel.jpg
Credit: Courtesy of Jeremy T. Kerr
Kostbare Bestäuber auf dem Rückzug! Während sich viele Lebewesen im Rahmen der Klimaerwärmung nordwärts ausbreiten, gelingt dies den Hummelarten Europas und Nordamerikas nicht. Einem internationalen Forscherteam zufolge schrumpfen die Verbreitungsgebiete dieser ökologisch und wirtschaftlich wichtigen Insekten mit alarmierender Geschwindigkeit.

Die Welt ist im Wandel: Im Süden Europas und Nordamerikas wird es zunehmend trockener und heißer, dafür im Norden milder. Einige Tier und Pflanzenarten sind Untersuchungen zufolge dieser klimatischen Verschiebung einfach gefolgt: Ohne drastische Lebensraumverluste konnten sie ihre Verbreitungsgebiete in den Norden verlagern. Die Forscher um Jeremy Kerr von der University von Ottawa sind nun der Frage nachgegangen, ob dies auch bei den Hummelarten Europas und Nordamerikas der Fall ist. Dies ist nicht nur aus ökologischer Sicht interessant, sondern auch aus landwirtschaftlicher: Die Bestäubungsleistung der pummeligen Cousinen der Honigbienen lässt viele Samen und Früchte sowohl von Wild- als auch von Nutzpflanze reifen.

300 Kilometer zurückgedrängt

Für ihre Studie durchstöberten die Forscher teils über hundert Jahre alten Insekten-Sammlungen von verschiedenen naturwissenschaftlichen Einrichtungen und privaten Sammlern. Von jeder präparierten Hummel in den Archiven ist Art, Fundort und das Datum des Eingags bekannt. So konnten die Forscher eine Datensammlung zu 36 europäischen und 31 nordamerikanischen Hummelarten entwickeln, die den Zeitraum von 1901 bis 2010 umfasst.

Die Auswertungen der Forscher zeigten: Die Hummeln haben in den letzten immer wärmer werdenden Jahrzehnten im Norden ihrer Verbreitungsgebiete keine Landgewinne gemacht. Ihre südlichen Verbreitungsgrenzen haben sich hingegen in den vergangenen hundert Jahren durchschnittlich um etwa 300 Kilometer nach Norden verschoben – der Lebensraum der Hummeln ist also insgesamt deutlich geschrumpft. „Einer der erschreckendsten Aspekte ist, wie schnell sich die Situation ändert“, sagt Sheila Colla von der York University in Toronto. „Wir reden über ein paar Jahrzehnte: Spezies, die Erwachsene als Kinder in bestimmten Gebieten noch gesehen haben, gibt es dort heute nicht mehr“, so die Forscherin.

Doch war für diesen Rückzug tatsächlich die Klimaerwärmung verantwortlich? Um diese Frage zu klären, untersuchten die Forscher auch andere mögliche Faktoren, wie die Landnutzung und den Einsatz von Pestiziden. Sie kamen zu dem Ergebnis: „Die Hummeln verschwinden auch von den südlichen Gebieten, wo es keinen Einsatz von Pestiziden und keine Landwirtschaft gibt“, sagt Kerr. „Dagegen zeichnet sich ab, dass immer häufigere Wetterextreme wie Hitzewellen die Hummelarten hart getroffen haben“. Dem Forscher zufolge sind sie gegenüber den Effekten des Klimawandels so besonders empfindlich, da sich diese Insekten in kühlen Breiten entwickelt haben. „Es besteht die Gefahr, dass viele Arten für immer verschwinden, so Kerr“.

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Unterstützte Migration?

Warum es den Hummeln nicht gelingt, sich im Norden auszubreiten, bleibt bislang unklar: „Wir wissen nicht genau, was die Ursache der Stagnation am nördlichen Ende der Verbreitungsgebiete ist“, sagt Co-Autor Paul Galpern von der University of Calgary. „Die Hummeln sollten eigentlich in der Lage sein, dort neue Kolonien zu bilden. Klar scheint damit aber: Die Hummeln sind vom Klimawandel ganz besonders stark bedroht“, so der Forscher.

Um etwas gegen das Problem zu unternehmen, schlägt das Forschungsteam vor, die Hummeln bei der Ausbreitung im Norden gezielt zu unterstützen. „Wir brauchen neue Strategien, damit die Hummeln mit den Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels besser zurecht kommen – vielleicht helfen ihnen Umsiedlungsaktionen in nördliche Gebiete“, sagt Kerr. Doch das sei natürlich nur Symptombekämpfung. Letztlich muss die Menschheit das Problem an der Wurzel packen, betonen die Forscher:  Der Klimawandel muss gestoppt werden.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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