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Fette Fische für die Übergewichtsforschung

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Fette Fische für die Übergewichtsforschung
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Höhlensalmler. Credit: Nicholas Rohner
Ein blasses, blindes Fischlein – mit dem Höhlensalmler scheint der Mensch wenig gemeinsam zu haben. Doch eine Eigenschaft offenbar schon: die Tendenz zu Fressattacken und Fettansatz. Das macht den Höhlensalmler zu einem spannenden Forschungsobjekt, sagen Forscher. Sie konnten bereits zeigen, dass die Fische bestimmte genetische Mutationen mit Menschen teilen, die zu Übergewicht und Ess-Attacken neigen. Weitere Forschung an den skurrilen Fischen könnte neue Einblicke in den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Krankheiten ermöglichen, sagen die Forscher.

Das Reich der Höhlensalmler (Astyanax mexicanus) ist finster und karg: Sie leben im Wasser isolierter Höhlen im Nordosten Mexikos, in die nur selten Nahrungspartikel schubweise eingeschwemmt werden. Von ihren nahen Verwandten an der Oberfläche unterscheiden sich die Höhlenfische durch verschiedene Anpassungen: Ohne Licht waren Augen und Pigmentierung überflüssig und so wurden die Fische blass und blind. Da Futter nur selten in Mengen verfügbar ist, entwickelten sich die Höhlensalmler zudem zu Hungerspezialisten: Die Forscher um Nicolas Rohner von der Harvard Medical School in Boston konnten zeigen, dass die Höhlenfische viel länger ohne Nahrung auskommen können als ihre Vettern in den Oberflächengewässern. Den Wissenschaftlern zufolge liegt dies an den üppigen Reserven der Tiere: Wenn es mal Futter gibt, fressen sie sich tüchtig voll und speichern die überschüssige Energie in Form von Fett.

Modelltier für Essverhalten und Fettansatz

Den Forschern zufolge macht dies die Höhlenfische zu einem idealen Modell für die Erforschung des Essverhaltens und des Fettansatzes beim Menschen. Denn unser Energiespeichersystem hat sich aus ähnlichen Gründen wie bei diesen Fischen entwickelt: Unsere Vorfahren konnten Hungerperioden durch Fettreserven überbrücken, die sie in üppigeren Zeiten auf Hüfte, Po und Co angesammelt haben. Erst die Überflussgesellschaft hat die menschliche Lust zum Vorrats-Mampfen zum problematischen Erbe gemacht: Die Fettdepots wachsen oft zu hartnäckigen Problemen heran. „Einige der Mechanismen, die wir bei den Fischen feststellen, könnten auch Bedeutung beim Stoffwechsel des Menschen und damit für seine Gesundheit haben“, sagt  Rohner.

Eine gewichtige Mutation entdeckt

Durch genetische Vergleiche der Höhlenfische mit ihren Vettern aus den Oberflächengewässern haben die Forscher bereits eine interessante Entdeckung gemacht: Die fetten und fresslustigen Höhlen-Bewohner unterscheiden sich durch Mutationen in der Erbanlage mit der Bezeichnung MC4R von ihren Verwandten. Es handelt sich dabei um ein bereits berüchtigtes Gen: Es ist an der Regulation von Appetit beteiligt. Mäuse, denen diese Erbanlage fehlt, sind nicht satt zu kriegen – sie fressen zügellos und werden fettleibig. Ebenso ist beim Menschen bekannt, dass eine bestimmte Variation dieses Gens zu einer erblich bedingten Neigung zu Übergewicht führt. „MC4R ist eine der wichtigsten Komponenten bei der Erhaltung der menschlichen Energiebilanz“, erklärt Co-Autor Ariel Aspiras. „Wenn man versucht abzunehmen, gibt es Regulatoren im Gehirn, die versuchen das aktuelle Körpergewicht zu halten – MC4R ist für dieses System mitverantwortlich“, so der Forscher.

Fett aber fit

Er und seine Kollegen sind überzeugt, dass noch weitere interessante genetische Anpassungen in den Fischlein schlummern, die für die Forschung interessant sind: „Zu wissen, wie diese Fische fett werden, könnte klären, warum wir es werden“, sagt Rohner. „Bedingt durch unsere Evolutionsgeschichte müssen wir ständig gegen den Drang kämpfen, fettige und süße Sachen zu essen. Mit dem Höhlenfisch als Modellsystem könnten wir eines Tages einen Weg finden, diesem Drang zu widerstehen“, so der Forscher. Ihm zufolge könnten die Fische allerdings auch Informationen liefern, wie man mit Übergewicht gesünder leben kann. Denn für die Höhlensalmler gilt offenbar: Fett aber fit.

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Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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