Der Verlust von Insektenvielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen könnte womöglich direkt mit zunehmenden Schädlingsplagen zu tun haben und im Extremfall zum Problem für die Ernährungssicherheit werden. Zu diesem Ergebnis kommen nun Wissenschaftler, die die auf Maisfeldern lebenden Insektengemeinschaften auf Farmen in den nordamerikanischen Great Plains im Detail untersucht haben. Das Gebiet östlich der Rocky Mountains wird in vielen Teilen intensiv für Tierhaltung und Ackerbau genutzt, wobei vor allem im Norden der Maisanbau dominiert.
Schon lange ist bekannt, dass solche Monokulturen die Artenvielfalt in Agraregionen bedrohen – und dabei auch nützlichen Insekten schaden. Natürliche Schädlingsbekämpfer finden auf Mais- oder Getreidefeldern zum Beispiel nicht genügend Nahrung. Manchen Arten fehlt es dort zudem häufig an wichtigen Rückzugsflächen – etwa der Schlupfwespe, einem natürlichen Feind von Fraßschädlingen wie der Blattlaus. Wie aber das Zusammenspiel verschiedener Insektenarten das Vorkommen von Schädlingen konkret beeinflusst, das ist bisher kaum verstanden.
Lebensgemeinschaften im Maisfeld
Um das herauszufinden, haben Jonathan Lundgren und Scott Fausti vom Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten und der South Dakota State University in Brookings über einen Zeitraum von zwei Jahren das Land von 53 Maisfarmen auf das Vorkommen von Insekten hin untersucht – auf einer Fläche von insgesamt 95.000 Quadratkilometern. Die Forscher identifizierten dabei 106 Insektenarten, darunter Flöhe, Käfer, Zikaden und Wespen. Lundgren und sein Kollege berechneten für einzelne Gebiete sowohl die Zahl der Insekten einer Art, als auch deren Anteil an der gesamten Insektengemeinschaft.
In einem nächsten Schritt analysierten die Wissenschaftler, wie die verschiedenen Arten miteinander interagieren: Teilen sie sich den gleichen Lebensraum oder die gleiche Nahrungsquelle? Stehen sie im Wettbewerb miteinander oder besteht eine Jäger-Beute-Beziehung? Auf diese Weise entstanden komplexe Netzwerke, die die Abhängigkeiten zwischen den Arten verdeutlichen.
Die Mischung macht’s
Schließlich galt es, einen möglichen Zusammenhang zwischen den Merkmalen dieser Netzwerke und der Häufigkeit von Schädlingsproblemen herzustellen. Die Forscher konnten eine eindeutige Korrelation feststellen: Dort, wo Farmer öfter mit Schädlingen zu kämpfen hatten, gab es nicht so viele Insektenarten, die in irgendeiner Art und Weise miteinander interagierten. Ein hoher Anteil an gänzlich von anderen unabhängigen Arten erhöhte dabei das Vorkommen von Schädlingen. Umgekehrt zeichneten sich Flächen mit weniger Schädlingsplagen durch eine große Insektenvielfalt und komplexe Interaktionsnetzwerke aus.
Demnach scheint in einem Lebensraum nicht die Artenvielfalt allein, sondern vor allem eine funktionierende ökologische Vernetzung vieler Arten ausschlaggebend zu sein. Ein ausgewogenes Verhältnis verschiedener, voneinander abhängiger Insektenarten sorgt dafür, dass keine Art Überhand gewinnen kann. Dadurch wird auch die Zahl gefürchteter Schädlinge auf natürliche Weise kontrolliert.
Artenvielfalt fördern
Landwirten raten Lundgren und Fausti deshalb, die Insektenvielfalt auf ihren Feldern zu fördern. Mit welchen Methoden das gelingen kann, müsse in Zukunft erforscht werden. Dafür sei es unter anderem wichtig zu wissen, welche Einflüsse gut funktionierende Lebensgemeinschaften gefährden – und welche Rolle dabei zum Beispiel Pestizide spielen.