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Einzellige Navigations-Genies in 3D

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Einzellige Navigations-Genies in 3D
Sie sind die Paketboten des Lebens – mit genetischer Fracht im Kopf suchen Spermien nach Empfängern der besonderen Art: den Eizellen. Nun haben Forscher durch Holographie-Mikroskopie dreidimensionale Einblicke in die Navigationsfähigkeiten von ganz besonders herausgeforderten Boten gewonnen: von Seeigel-Spermien, die im freien Wasser Eizellen finden müssen. Die Ergebnisse zeigen, wie erstaunlich raffiniert die vermeintlich simplen Zellen den Lockstoffen zum Ziel im dreidimensionalen Raum folgen können.

Wo geht es hier zum Ei? Für die Spermiennavigation interessieren sich Forscher schon lange. Klar ist bereits: Der Spermienschwanz dient Samenzellen nicht nur als Motor oder Ruder zur Fortbewegung und Steuerung, die sogenannte Geißel fungiert auch als Antenne für die Signalstoffe der Eizelle. Doch über die „Suchstrategie“, mit der sich die Spermien in einem Lockstoffgradienten orientieren, gibt es noch immer viele Unklarheiten, betonen die Forscher vom Forschungsinstitut caesar in Bonn. „Spermien stellen ein hervorragendes Modell dar, um zu untersuchen, wie selbst einzelne Zellen ihre dreidimensionale Umgebung erkunden und so ihr Überleben sichern können“, resümiert Luis Alvarez.

Mikroschwimmern auf der Spur

„Unser Wissen über die dreidimensionale Navigation war bislang dürftig, da es technisch sehr anspruchsvoll ist, frei schwimmende Spermien unter dem Mikroskop zu verfolgen, ergänzt Benjamin Kaupp. Bisher beobachtete man die schnellen Mikroschwimmer meist in flachen Beobachtungskammern, also in einem zweidimensionalen Umfeld. „Mithilfe der Holographie konnten wir die Bewegung von Spermien nun aber erstmals in 3D aufzeichnen. Wir haben dazu chemische ‚Landschaften‘ des Lockstoffes mit photonischen Methoden erzeugt, also den Lockstoff mit Licht freigesetzt“, erklärt der Wissenschaftler.

Die Protagonisten ihrer Beobachtungen waren Spermien von Seeigeln. Von ihnen sind im Gegensatz zu Säugetier-Spermien die Lockstoffe der Eizelle genau bekannt. Die Mission der Seeigel-Spermien ist außerdem besonders anspruchsvoll, erklären die Forscher. Denn um sich fortzupflanzen, geben die Meerestiere ihre Spermien frei ins Wasser ab. Hier müssen sie die nur ein Zehntel Millimeter großen Eizellen finden. Mithilfe ihrer Kombination von holographischer Mikroskopie und dem Einsatz licht-aktivierbarer Lockstoffe erfassten die Wissenschaftler nun, wie den Winzlingen dies gelingt: Sie zeichneten die Bewegung der Spermien auf, während diese einem Lockstoffgradienten folgten.

Raffiniert der „Nase“ nach

Die Ergebnisse dokumentierten die anspruchsvollen „Rechenoperationen“, welche die Einzeller während ihrer Navigation durchführen. Im Gegensatz zu mobilen Bakterienarten, die auf ihrer Suche nach Nahrung die Richtung immer wieder zufällig einschlagen, verfolgen die Spermien eine „berechnete“ Suchstrategie, sagen die Forscher. Je nach Lockstoffkonzentration führen sie unterschiedliche Steuerungsmanöver durch, zeichnete sich in den 3D-Untersuchuungen ab: Führt die Spur auf das Ei zu, bleiben die Spermien weitgehend auf Kurs. Beginnt es hingegen immer weniger nach Ei zu „riechen“ – haben sie die Fährte also verloren – drehen sie ruckartig um. Die Forscher konnten zudem Einblicke in die zellulären Mechanismen gewinnen, die diesem Steuerungssystem zugrunde liegen.

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Die Studie veranschaulicht in bisher unerreichter Weise, mit welch hoher Komplexität Spermien eine chemische Landschaft erkunden können und wie sie diese Informationen nutzen, um ihren Antrieb zu kontrollieren. Ihr Untersuchungskonzept könnte nun auch das Verhalten anderer Mikroschwimmer in dreidimensionalen Umgebungen aufzeigen, sagen die Forscher.

 

Video: 3D-Rekonstruktion einer Spermienreise. Die graue vertikale Linie fällt mit dem Zentrum der Lockstoffwolke zusammen. Credit: Nat. Comm. DOI:10.1038/ncomms8985

 

 

Quellen:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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