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Selbstfaltendes Graphen nach Origami-Vorbild

Technik|Digitales Videos

Selbstfaltendes Graphen nach Origami-Vorbild
Japanische Papierfaltkunst als Inspiration: Chinesische Wissenschaftler haben ein Papier auf Graphen-Basis entwickelt, das sich selbständig in vorgegebene Formen falten und fortbewegen kann. Das intelligente Material reagiert dabei auf Licht- oder Wärmereize. Den Forschern zufolge hat es gegenüber anderen selbstfaltenden Werkstoffen entscheidende Vorteile und Potenzial als Baustein für vielfältige Anwendungen. Künftig könnten damit etwa Roboter, chemische Sensoren oder künstliche Muskeln ausgestattet werden.

Ein Video der Forscher veranschaulicht die Fähigkeiten des Materials. (Video: Donghua University)

Ein schwarzes Blatt Papier faltet sich plötzlich scheinbar wie von Geisterhand zu einer kleinen Box zusammen. Und ebenso schnell, wie es seine Form angenommen hat, entfaltet es sich wieder in seinen flachen Zustand. Was die Forscher um Jiuke Mu von der Donghua University in Shanghai nun in einem Video zeigen, ist jedoch keineswegs Zauberei – sondern das neueste Ergebnis eines innovativen Entwicklungstrends: Selbstfaltende Strukturen spielen in den Materialwissenschaften derzeit eine große Rolle. Wissenschaftler machen sich dabei die Eigenschaften sogenannter aktiver oder intelligenter Werkstoffe zunutze.

Diese reagieren auf veränderte Umweltbedingungen und ändern dadurch ihre Eigenschaften. Sie setzen bestimmte Formen der Energie etwa in mechanische Arbeit um. Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben aus einem solchen Material im vergangenen Jahr einen selbstfaltenden Roboter entwickelt, der seine Form unter dem Einfluss elektrischer Spannung verändert. Auch für medizinische Anwendungen versprechen aktive Stoffe ein enormes Potenzial. Wie das Team um Mu im Fachmagazin „Science Advances“ schreibt, galt das Augenmerk bei der Erforschung aktiver Materialien bislang hauptsächlich traditionellen Polymerstrukturen, die sich für den Einsatz in der Praxis jedoch oft als untauglich erwiesen haben. In ihrer aktuellen Arbeit widmen sich die chinesischen Wissenschaftler in diesem Kontext nun erstmals der Kohlenstoffvariante Graphen.

Licht und Wärme initiieren Bewegung

Das zweidimensionale Polymer besteht aus bienenwabenförmig angeordneten Kohlenstoffatomen und wird seit seiner Entdeckung vor etwa zehn Jahren als Wundermaterial gehandelt. Denn die atomdicken Schichten aus dem Inneren eines herkömmlichen Bleistifts sind hauchdünn, flexibel, dabei gleichzeitig stärker als Stahl und auch noch leitfähig. Für sein von der Origami-Technik inspiriertes Papier hat das Team mit Nanobausteinen aus Graphenoxid ein Material geschaffen, das drei praktische Fähigkeiten aufweist: Das Papier kann selbstständig vorgegebene Formen annehmen, es kann sich fortbewegen und es kann dabei sogar die Richtung ändern. Gesteuert wird das selbstfaltende Papier durch Licht verschiedener Wellenlängen und durch Wärme.

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Grundlage für seine Funktionsweise sind die besonderen Eigenschaften des Materials. Die Wissenschaftler um Mu haben ihre Erfindung aus zwei Schichten aufgebaut. Die erste besteht aus Graphenoxid-Polydopamin. Polydopamin ist ein klebender Kunststoff – chemisch vergleichbar mit dem Stoff, mit dem sich Muscheln an Felsen festhalten. Diese Schicht ist in der Lage, Feuchtigkeit aus der Umgebung aufzunehmen und schwillt dadurch an. Bei Lichtbestrahlung gibt der Stoff das aufgenommene Wasser wieder ab. Die Schicht schrumpft und zieht sich dabei zusammen. Die zweite, darunter liegende Schicht besteht aus einer reduzierten Form des Graphenoxids. Sie ist den Forschern zufolge sehr lichtempfindlich und wandelt die durch Licht induzierte Wärmeenergie besonders effizient in Bewegung um.

Baustoff für Roboter und künstliche Muskeln

Die Forscher zeigen ihr Material in verschiedenen Konstruktionen in Aktion. Auf Bestrahlung mit Licht im Nahinfrarot-Bereich faltet sich ein kreuzförmiges Stück des Graphenpapiers innerhalb von 200 Millisekunden zu einer Box. Laserbestrahlung eines schmalen Streifens des Materials führt dazu, dass dieser sich wie ein Wurm beugt und streckt und dabei vorwärts kriecht. Zudem haben die Forscher ihrem Material auch die Form einer Hand gegeben. Diese schließt sich bei Licht und kann auf diese Weise Gegenstände greifen und halten die fünfmal schwerer sind als sie selbst. Verschwindet der Lichtreiz nimmt das Material wieder seine ursprüngliche Form an.

Im Vergleich zu anderen Origami-ähnlichen Strukturen auf Basis traditioneller Polymere ist das neuartige, intelligente  Papier laut den Forschern in einigen Punkten überlegen. Es sei nicht nur günstiger herzustellen, sondern auch viel flexibler und stärker. Zudem reagiere es besonders schnell auf die äußeren Reize, bewege sich aber dennoch ruhig und gleichmäßig. „Wir glauben, dass Bauelemente aus unserem Material vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bieten – zum Beispiel für Sensoren, künstliche Muskeln oder Roboter“, schreiben die Wissenschaftler.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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