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Video der Woche: FlipperBot robbt vorwärts

Technik|Digitales Videos

Video der Woche: FlipperBot robbt vorwärts
Die Familie der Roboter mit tierischen Vorbildern hat Zuwachs bekommen: FlipperBot heißt das neueste Familienmitglied, dessen Form entfernt an die einer jungen Karettschildkröte erinnert, inklusive der paddelartigen Vordergliedmaßen. Mit diesen kann sich der kleine Roboter selbst über weichen Sand bewegen, was die meisten seiner Verwandten nur sehr begrenzt schaffen. Damit dient er einerseits als Modell, mit dem sich die Fortbewegung von Schildkröten, Robben und Co gut untersuchen lässt. Andererseits kann er auch als erster Schritt bei der Entwicklung komplexerer Roboter betrachtet werden, die sich an Land ebenso gut bewegen können wie im Wasser.

Fliegen können Roboter mittlerweile relativ gut, und auch im Schwimmen werden sie immer besser. Nach wie vor gibt es jedoch Probleme bei der Bewegung auf der Erde. Varianten mit Beinen, wie etwa der von der Kakerlake inspirierte RHex, bewältigen zwar festes Terrain problemlos, selbst wenn es uneben ist wie ein Waldboden. Sollen sie aber über Geröll oder weichen Sand laufen, werden sie sehr langsam oder bleiben sogar stecken.

Deswegen ließen sich Nicole Mazouchova vom Georgia Institute of Technology und ihre Kollegen jetzt von Tieren inspirieren, deren Gliedmaßen relativ einfach gebaut sind, die sich jedoch trotzdem gut auf weichem Sand fortbewegen können: jungen Unechten Karettschildkröten. Die winzigen Tiere müssen auf ihrem Weg ins Meer bereits direkt nach dem Schlüpfen sandige Strände überwinden, deren Ausdehnung oft viele Tausend Mal größer ist als ihre eigene Körperlänge – und das mit Vordergliedmaßen, die eigentlich für die Fortbewegung im Wasser gebaut sind.

Genau diese paddelartigen Extremitäten versuchten die Wissenschaftler nun für ihren FlipperBot nachzubauen. Dazu statteten sie den insgesamt nur 19 Zentimeter langen und 790 Gramm leichten Roboter mit zwei Armen aus Aluminium aus, die an einer Art Schultergelenk durch jeweils zwei Motoren bewegt werden konnten – einer für die Auf-Ab- und einer für die Vor-Zurück-Bewegung. Am Ende dieser Arme befand sich ein „Handgelenk“, an dem die eigentlichen Flossen befestigt waren: sieben mal vier Zentimeter große und 0,3 Zentimeter dicke Balsaholzbrettchen. Für einige Tests fixierten die Forscher dieses Gelenk, für andere ließen sie es frei beweglich.

Anschließend setzten sie den kleinen Roboter auf eine 1,22 Meter lange Teststrecke, die sie mit Mohnsamen gefüllt hatten – zur Simulation von weichem Sand – und ließen ihn loswatscheln. Bei jeder Vorwärtsbewegung seiner Arme tauchten die Flossen dabei in den weichen Grund ein, beobachtete das Team – ähnlich, wie es auch bei den echten Schildkröten der Fall ist. Wie gut sich FlipperBot dann nach vorne ziehen konnte, hing vor allem von der Eindringtiefe der Flossen ab: War sie zu flach, konnten der Roboter sich nicht ausreichend nach vorne ziehen.

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Wichtig war aber auch, ob die Flossen frei beweglich waren oder nicht: Bei festgestelltem Gelenk verschoben sie sich während der Vorwärtsbewegung im Sand, was dessen Oberfläche durcheinanderbrachte und zudem Energie kostete. Die Folge: Der Roboter kam deutlich schlechter voran und schaffte es im nächsten Schritt nicht, sich vollständig über die durchwühlte Bodenzone hinwegzuziehen. Das bereitete dann beim nächsten Schritt zunehmend Probleme. Am Ende kam der kleine Roboter gar nicht mehr vorwärts und konnte nur noch auf der Stelle hilflos mit den Armen rudern – ein Problem, das übrigens auch die lebenden Schildkröten hin und wieder haben, wenn sie durch sehr unebenes Gelände müssen. Waren die Flossen dagegen beweglich, blieben sie während der Bewegungsphase an der Stelle und in der Position, in der sie auch eingetaucht waren. Dadurch wurde die Bewegung effektiver, und FlipperBot konnte gut vorwärtsrobben.

Ähnlich wie FlipperBot haben sich vermutlich auch die ersten Tiere bewegt, die vor Jahrmillionen dem Sprung vom Wasser- zum Landleben schafften, erläutern die Forscher. Deswegen sei eine genaue Untersuchung dieser Art der Fortbewegung inklusive aller beteiligten Kräfte sehr interessant, um diesen Übergang besser zu verstehen. Zudem soll sie auch helfen, die Bewegungsmuster heutiger Tiere aufzuklären, die auf Flossen als Hauptfortbewegungsmittel setzen, wie etwa Schlammspringer und Robben. Und zu guter Letzt hofft Studienleiterin Nicole Mazouchova auch, dass die Tests mit dem Roboter dazu beitragen, die bedrohten Karettschildkröten besser zu schützen: „Der natürliche Strand-Lebensraum der neugeborenen Schildkröten ist durch den Menschen bedroht. Die Robotermodelle können uns aber als Werkzeug dienen, um bestimmte Charakteristika des Strandes zu untersuchen und die Schutzmaßnahmen auf genau die Bereiche zu konzentrieren, die die Schildkröten brauchen.“

Nicole Mazouchova (Georgio Institute of Technology, Atlanta) et al.: Bioinspiration & Biomimetics, doi:10.1088/1748-3182/8/2/026007 © wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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