Ägyptische Mumien sind nicht repräsentativ
Nachweisen lassen sich Ablagerungen in den Adern von Menschen, die vor hunderten oder sogar tausenden von Jahren gestorben sind, nur in einem Ausnahmefall: Dann nämlich, wenn entweder trockene Hitze oder extreme Kälte nicht nur die Knochen, sondern auch die Weichteile ihrer Körper konserviert haben – oder wenn die Toten gezielt einbalsamiert wurden, wie im alten Ägypten der Fall. Tatsächlich hatten Thompson und seine Kollegen bereits vor einigen Jahren 44 ägyptische Mumien mittels Computertomografie untersucht und bei 22 von ihnen Hinweise auf eine Arteriosklerose gefunden. Da allerdings gerade die herrschende Schicht Ägyptens möglicherweise ähnlich ungesund lebte wie wir heute, war dies nur bedingt repräsentativ für unsere präindustriellen Vorfahren allgemein.
Für ihre jetzige Studie erweiterten die Forscher daher ihre Datenbasis und analysierten nun erstmals den Zustand von insgesamt 137 Mumien aus vier ganz verschiedenen Kulturen und Regionen. Neben 76 ägyptischen Mumien waren dies 51 mumifizierte Tote aus Peru, fünf Angehörige einer präkolumbianischen Pueblo-Kultur aus dem Südwesten der USA und fünf Vertreter eines Jäger-und-Sammler-Volks, das auf den Aleuten in Alaska lebt. Mit Ausnahme der ägyptischen Mumien waren alle anderen Toten auf natürliche Weise mumifiziert worden und gehörten in ihren Völkern keiner besonderen Elite an, wie die Forscher berichten.
Querbeet durch alle Kulturen und Regionen
Das Ergebnis der computertomografischen Analysen war überraschend: Bei mehr als einem Drittel aller Mumien fanden die Wissenschaftler deutliche Kalkablagerungen in mindestens einer großen Arterie – und dies querbeet über alle Kulturen und Zeiten hinweg. Verkalkungen zeigten sich bei drei der fünf Aleuten-Jäger und zwei der fünf Pueblo-Indianer ebenso wie bei 25 Prozent der peruanischen Mumien und 38 Prozent der Ägypter. „Und das, obwohl sich Ernährung und Klima bei diesen Völkern deutlich unterschieden“, sagen die Wissenschaftler. So lebten die Aleutenjäger fast ausschließlich von Fisch und Meeresfrüchten, die Pueblo-Indianer jagten viel Wild und die Bewohner des alten Peru bauten viel Mais, Kartoffeln und Maniok an.
„Die Tatsache, dass wir eine ähnliche Häufigkeit von Arteriosklerose bei diesen in Lebensstil und Ernährung sehr unterschiedlichen Kulturen gefunden haben, zeigt, dass diese Krankheit auch früher schon weitaus verbreiteter war als bisher angenommen“, sagt Thompson. Gemeinsam war den Mumien mit verkalkten Adern nur eines: Je älter sie bei ihrem Tod waren, desto wahrscheinlicher litten sie an Arteriosklerose. Nach Ansicht der Forscher ist dies ein deutliches Indiz dafür, dass unser Verständnis dieser Krankheit und ihrer Auslöser noch sehr unvollständig ist und das sie möglicherweise weniger mit dem Lebenswandel als vielmehr mit dem Lebensalter verknüpft ist – also eine ganz normale Altererserscheinung, die nur deshalb häufiger wird, weil wir immer älter werden.