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Rattengift der besonderen Art

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Rattengift der besonderen Art
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Die weißen Streifen sagen Angreifern: "Beiß mich, und du vergiftest dich!"
Um sich Fressfeinde vom Leib zu halten, hat die afrikanische Mähnenratte einen cleveren Trick parat: Sie kaut Rinde und Äste einer giftigen Pflanze, des Buschmanns Schöngifts, und leckt dann über ihre Flanken. Auf diese Weise tränkt sie spezielle Haare in diesem Körperbereich mit dem mit Gift gesättigten Speichel, haben britische Wissenschaftler herausgefunden. Beißt dann ein Feind zu, lässt er meist sofort wieder von dem bis zu 30 Zentimeter großen Nagetier ab, denn das Gift wirkt nicht nur schnell, sondern auch heftig und kann sogar zum Tod führen.

Sie sehen weder aus wie Ratten noch verhalten sie sich so: Mähnenratten gleichen eher Stinktieren und gelten zudem als träge. Auch wenn ihnen ein Angreifer ? sei es Hund, Schakal oder Löwe ? zu nahe kommt, bleiben die Tiere aus der Gattung Lophiomys erstaunlich gelassen. Können sie auch, zeigen jetzt die Beobachtungen der Briten. Denn neben einem robusten Kopf und einer sehr widerstandsfähigen Haut, an der sich so mancher Hund die Zähne ausbeißt, haben sie eine noch viel wirksamere Art der Verteidigung ? sie statten ihre Haare mit Gift aus.

Lange Zeit nahmen Wissenschaftler an, dass dieses Gift, ähnlich wie bei Pfeilgiftfröschen, über spezielle Drüsen freigesetzt wird. Tatsächlich tragen die pelzigen Nagetiere das Gift jedoch gezielt mit der Zunge auf, haben die Forscher von der Universität Oxford nun herausgefunden. Laut ihren Beobachtungen kauen die Tiere Rinde und Äste der giftigen Acokanthera, auch Buschmanns Schöngift genannt. Den mit Gift getränkten Speichel übertragen sie dann mit der Zunge auf eine Haarreihe an ihren Flanken auf. Diese Haare haben einen ungewöhnlichen Aufbau mit vielen kleinen Öffnungen und reagieren daher wie ein Docht, der in Kerzenwachs getunkt wird: Sie saugen sich nach und nach voll.

Normalerweise ist der präparierte Fellstreifen nicht zu sehen, berichten die Biologen. Wähnt sich das Tier jedoch in Gefahr, stellt es sein restliches Fell auf, so dass der markante weiße Streifen sichtbar wird. Einem unerfahrenen Fressfeind signalisiert die Mähnenratte damit: ?Bitte hier hineinbeißen ? wirst schon sehen, was du davon hast!? Wer die Wirkung des gefährlichen Bisses übersteht, weiß außerdem beim nächsten Mal, dass es sich ganz bestimmt nicht um einen Leckerbissen handelt. Berichten zufolge sind bei Hunden Koordinierungsprobleme, Schaumbildung vor dem Maul, aber auch ernsthafte Gesundheitsprobleme nach einem herzhaften Biss in eine Mähnenratte aufgetreten. Einige kollabierten auch oder starben.

Eine derartige Verteidigungsstrategie ist bislang vor allem von wirbellosen Tieren bekannt. Die Mähnenratte ist das erste bekannte Säugetier, das sich mit selbst aufgetragenem Gift verteidigt. Lediglich eine Igelart bedient sich einer ähnlichen Technik ? bei ihr findet das Gift den Weg in den Feind aber erst, wenn dieser von den Stacheln verletzt wird. Bei der Mähnenratte dagegen genügt es, wenn die Mundschleimhaut mit den entsprechenden Haaren in Berührung kommt.

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Warum die Ratten nicht selbst dem Gift zum Opfer fallen, konnten die Wissenschaftler bislang nicht klären. Die Biologen vermuten jedoch, dass ihre Art ?Vor-Magen? die tödliche Substanz unschädlich macht.

Das Gift von Buschmanns Schöngift wird in weiten Teilen Afrikas traditionell als Pfeilgift verwendet, unter anderem zur Elefantenjagd. Der Wirkstoff Ouabain, zu Deutsch Strophantin, greift vor allen Dingen das Herz an. In Reinform kann die Substanz bei akutem Herzversagen aber auch helfen.

Jonathan Kingdo (University of Oxford), et al.: Proceedings of the Royal Society B, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1098/rspb.2011.1169 wissenschaft.de ? Marion Martin
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