Großmütter trugen in der Frühzeit des Menschen durch ihre Fürsorge für die Enkel zum Überleben der Gruppe bei. Datenmaterial zu dieser These liefern nun britische Forscher, die Lebensgeschichten von Familien aus zwei Dörfern in Gambia verfolgten und schauten, wie die Großmütter dort das Leben ihrer Enkelkinder beeinflussten. Die Ergebnisse könnten die unter Evolutionsbiologen häufig gestellte Frage beantworten, warum Frauen auch nach der Menopause noch weiterleben, obwohl sie sich gar nicht mehr fortpflanzen können.
Die Forscher werteten Daten von 5.500 Menschen aus
Gambia aus den Jahren 1950 bis 1975 aus. Deren Lebensbedingungen entsprachen etwa den Bedingungen zu der Zeit in der Evolutionsgeschichte des Menschen, als sich das lange Leben von Frauen nach der Menopause durchsetzte, erklären die Forscher. Da 1975 in einem der Dörfer in Gambia ein Krankenhaus eingerichtet wurde, was zum Überleben von wesentlich mehr Kindern führte, wurden spätere Daten nicht mehr in die Auswertung miteinbezogen. Zwar war vor allem die Mutter wichtig für das Überleben ihrer Kinder, doch auch die Großmutter mütterlicherseits trug zu deren Überleben bei. Im Gegensatz dazu hatte weder der Vater, andere Geschwister noch die Großmutter väterlicherseits statistisch merklichen Einfluss auf die Lebenserwartung der Kinder.
Würden Frauen erst in späteren Jahren in die Wechseljahre kommen, könnten sie zwar länger Nachwuchs in die Welt setzen. Gleichzeitig verringerte das aber die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder mit einer Großmutter aufwachsen, erklären die Wissenschaftler. Nach ihren Berechnungen wurden 58 Prozent der Kinder in Gambia von einer Großmutter betreut, nur 16 Prozent aber wären dies gewesen, wenn die Menopause erst mit 65 Jahren einsetzte.
Allerdings war der Einfluss der Großmütter auf das Überleben ihrer Enkelkinder kleiner als erwartet, so die Forscher. Damit sich das lange Leben nach der Menopause durchsetzen konnte, müssten noch weitere Faktoren eine Rolle gespielt haben. Ausschlaggebend aber sei, dass die Enkelkinder von der Betreuung durch die Großmütter profitierten. Außerdem sorge die Menopause dafür, dass Mütter dann keine Kinder mehr bekommen, wenn die Gefahr zu groß sei, dass sie kurz nach der Geburt wegen ihres hohen Alters sterben und ihre Kinder deswegen auf sich allein gestellt sind.
Daryl Shanley (Universität von Newcastle) et al.: Proceedings of the Royal Society B, DOI: 10.1098/rspb.2007.1028 ddp/wissenschaft.de ? Anja Basters