Amerikanische Antrhopologen haben aus Fossilfunden erstmals das komplette Skelett eines Neandertalers rekonstruiert. Diese vollständige Nachbildung des Frühmenschen soll den Vergleich zwischen modernem Menschen und Neandertaler erleichtern. Auch einem breiten Publikum könnte der Neandertaler so nähergebracht werden, berichten Gary Sawyer vom Amerikanischen Museum für Naturgeschichte in New York und Blaine Maley von der Universität von Washington in St. Louis in der Fachzeitschrift Anatomical Record Part B: The New Anatomist (Online-Ausgabe vom 11. März).
Als Vorlage diente den Wissenschaftlern primär das Skelett eines männlichen Neandertalers, das 1909 in Frankreich gefunden worden war. Das Fossil namens „La Ferrassie 1“ ist erstaunlich gut erhalten. Es fehlen allerdings Teile des Brustkorbs, die Wirbelsäule und das Becken. Diese Elemente ergänzten die Anthropologen mithilfe anderer Funde männlicher Neandertalerskelette. Auf Knochenvorlagen vom modernen Menschen griffen die Forscher nur dann zurück, wenn vom Neandertaler gar kein Material zu bekommen war.
Mithilfe der Rekonstruktion können nun erstmals direkte Vergleiche zwischen der vollständigen Anatomie des Neandertalers und der des modernen Menschen sowie exaktere Studien der Bewegungsfähigkeiten des Frühmenschen angestellt werden. Die Anthropologen fanden dabei schon erste merkliche Unterschiede: So ist etwa der Brustkorb des Neandertalers nicht wie ursprünglich angenommen tonnenförmig, sondern scheint eher der Form einer Glocke zu entsprechen. Allerdings geben die Forscher zu bedenken, dass ihre Arbeit ? wie alle Rekonstruktionen ? zum Teil auf künstlerischer Gestaltung beruht und somit auch subjektive Elemente enthält.
ddp/wissenschaft.de ? Cornelia Dick-Pfaff