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DNA eines menschlichen Fossils aus Australien unterstützt Theorie der multiregionalen Entstehung des Menschen

Geschichte|Archäologie

DNA eines menschlichen Fossils aus Australien unterstützt Theorie der multiregionalen Entstehung des Menschen
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Wie Stichhaltig sind Schlussfolgerungen aus den DNA-Untersuchungen eines Neandertalers?

Die Mitochondrien-DNA der 1974 am Lake Mungo in New South Wales, Australien, gefundenen menschlichen Fossilien ist in heute lebenden Menschen nicht mehr existent. Dies gaben australische Wissenschaftler in der 9. Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences bekannt. Nach Meinung der Wissenschaftler ist damit die Theorie, dass alle modernen Menschen ihre Vorfahren ausschließlich in Afrika haben, nicht mehr ohne weiteres aufrecht zu erhalten.

Bislang hatte man die bis zu 60.000 Jahre alten Fossilien als anatomisch modern eingestuft: Der Skelettbau war dem jetziger Menschen nicht nur sehr ähnlich, die Anatomie funktionierte auch nach dem gleichen Schema. Analysen der Mitochondrien-DNA (mtDNA) -? einer DNA, die sich außerhalb des Zellkerns befindet und ausschließlich von Müttern auf ihre Kinder weitergegeben wird ? haben nun ergeben, dass diese DNA in heute lebenden Menschen einfach nicht mehr vorkommt.

Laboruntersuchungen dieser Art hatten bislang darauf hingedeutet, dass der früheste gemeinsame Vorfahre des modernen Menschen vor weniger als 200.000 Jahren in Afrika lebte. Die DNA Sequenz der Knochen des „Mungo Man“ jedoch hat gezeigt, dass er einer genetischen Abstammungslinie angehört, die sowohl älter als auch völlig anders als die afrikanische Abstammungslinie ist.

„Das bedeutende an dem Fund ist“, so Dr. W. James Peacock von CSIRO Division of Plant Industry in Canberra, „dass die mtDNA Proben aus Australien und nicht aus Afrika stammen. Bedeutend deshalb, weil die mtDNA Sequenz lebender Menschen immer als Argument diente, dass die modernen Menschen ihren Ursprung in Afrika haben.“ Die „Out of Africa“ Theorie könnte dennoch richtig sein und die Forscher behaupten auch nicht, dass dieser Fund bedeutet, dass die Menschen ihren Ursprung in Australien haben. „Die Ergebnisse haben aber in jedem Fall gezeigt, dass eine vereinfachte „Out of Africa“ Hypothese, allein auf mtDNA Sequenzen heute lebender Menschen basierend, inakzeptabel ist“, so Peacock.

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Alan Thorne, der leitende Wissenschaftler spricht sich für eine multiregionale Erklärung für den Ursprung des modernen Menschen aus. Demnach wäre der moderne Mensch gleichzeitig in Afrika, Europa und Asien als Nachfahre des Homo Erectus entstanden, der vor über 1,5 Millionen Jahren Afrika verlassen hat. „Wir gehen davon aus, dass die Menschen, die vor 2 Millionen Jahren Afrika verließen, die Vorfahren aller modernen Menschen sind. Wir glauben nicht, dass später noch einmal der moderne Mensch an einem Ort entstand.“

Professor Chris Stringer vom Natural History Museum in London zweifelt noch daran, ob die DNA Analysen solch alter Proben verlässlich sind. Seinen Angeben zufolge, wäre die Wissenschaftsgemeinschaft froh, wenn weitere Analysen in anderen unabhängigen Labors durchgeführt würden, bevor große Schlussfolgerungen aus der australischen Untersuchung gezogen werden. Doch selbst wenn die DNA Sequenzen korrekt waren, so bedeutet das laut Stringer lediglich, dass es in der Vergangenheit einfach mehr genetische Vielfalt gegeben hat, als bisher angenommen. Einiges dieser Vielfalt ist heute verloren gegangen. Es gibt jedoch keine Hinweise, dass die Abstammung dieser australischen Fossilien ein bis zwei Millionen Jahre zurückreicht, was die Voraussetzung für die multiregionale Hypothese wäre.

Die Studie stellt noch einen weiteren allgemein verbreiteten Glauben in der Wissenschaft in Frage, nämlich dass der moderne Mensch mit den Neandertalern verwandt ist. Wie jetzt beim „Mungo Man“, so haben andere Wissenschaftler vorher herausgefunden, dass die Neandertaler mtDNA nicht mit der moderner Menschen übereinstimmt. Sie gingen deshalb davon aus, dass beide genetisch nicht verwandt sind. „Unsere Daten zeigen aber deutlich, dass eine solche Schlussfolgerung nicht garantiert ist“, so Peacock. „Nur weil eine mtDNA Sequenz fehlt, heißt dies ja nicht, dass nicht andere Sequenzen vom Neandertaler auf den modernen Menschen übertragen wurden.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences 01/2001, New Scientist and BBC News)

Birgit Stöcklhuber

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