Die spektakulären Schlussfolgerungen der Forscher um Steve Holen vom San Diego Natural History Museum basieren auf der Auswertung von Grabungsfunden in einem ehemaligen Flussbett im südlichen Kalifornien. In einer Sedimentschicht waren Forscher hier auf ungewöhnlich wirkende Überreste eines Mastodons gestoßen – eines ausgestorbenen Vertreters aus der Familie der Elefanten. Einige Teile des Tieres befanden sich seltsam angeordnet – nicht so, wie man es bei einer normalen Verwesung eines so großen Kadavers vermuten würde. Darüber hinaus befanden sich einige Knochen des Rüsseltiers sowie Backen- und Stoßzähne in einem seltsam zertrümmerten Zustand. So kam die Vermutung auf: „Jemand“ könnte sie aufgebrochen haben, um an das Mark zu kommen.
Datierungsergebnis mit Paukenschlag
Genau dafür sprachen auch weitere Funde: Nahe den Überresten des Tieres steckten im Sediment fünf auffallend große Steine, die nicht zu der Körnung des umgebenden Sedimentmaterials passten. In anderen Sedimentschichten fanden sich hingegen keine derart großen Brocken. Den Forschern zufolge legt dies nahe, dass nicht natürliche Prozesse die Steine einst bewegt haben, sondern dass sie zu dem Kadaver herbeigeschleppt worden waren. Experimente, bei denen die Forscher Elefantenknochen mit ähnlich großen Steinen zertrümmerten belegten: Sie verursachen Bruchstücke, die denen vom Fundort entsprechen. Für die Archäologen war damit klar: An den Knochen des Mastodons haben sich einst Menschen zu schaffen gemacht.
Soweit schien das ein interessantes, aber noch nicht sensationelles Ergebnis zu sein. Denn auch andere Funde hatten schon eine derartige Bearbeitung von Kadavern durch die frühen menschlichen Bewohner Amerikas belegt. Für den Paukenschlag sorgte erst die Altersbestimmung: Die den Forschern zufolge verlässliche Uran-Thorium-Datierung der Funde ergab ein Alter von rund 130.000 Jahren und damit eine Differenz von mehr als 100.000 Jahren zu allen bisherigen gesicherten Menschenspuren in der Neuen Welt.
Viele spannende Fragen
„Für mich gibt es keinen Zweifel, dass es sich um eine archäologische Stätte handelt“, betont Holen. „Die Knochen und mehrere Zähne zeigen deutliche Anzeichen, dass sie von Menschen gezielt zerschmettert worden sind. Vergleichbare Bruchmuster durch menschliche Tätigkeit wurden auch an jüngeren Mammut-Fossilien in Kansas und Nebraska festgestellt, wo alternative Erklärungen wie geologische Kräfte oder Tiere ausgeschlossen wurden“, so Holen.
Co-Autorin Judy Gradwohl vom San Diego Natural History Museum ist ebenfalls von der revolutionären Bedeutung überzeugt: „Diese Entdeckung wirft ein ganz neues Licht auf die Frage, wann Menschen die neue Welt erreicht haben. Es scheint sich abzuzeichnen, dass irgendeine Art aus der Gattung Homo in Nordamerika schon 115.000 Jahre früher existiert hat, als bisher angenommen. Es stellen sich nun faszinierende Fragen: Wer waren diese menschlichen Wesen und wie sind sie in die Neue Welt gekommen?“ Auf die Antworten und weitere Nachrichten rund um die Funde in Kalifornien kann man nun also gespannt sein.