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Kulturfaktor: Beisammensein im Feuerschein

Geschichte|Archäologie

Kulturfaktor: Beisammensein im Feuerschein
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Buschleute, Credit: Polly Wiessner, University of Utah.
Am Anfang war das Feuer: Es befeuerte buchstäblich die menschliche Erfolgskarriere. Neben dem technologischen Fortschritt könnte das Feuer auch die Kulturentwicklung unserer Vorfahren angefacht haben, sagt nun eine US-Forscherin. Denn Geselligkeit im Feuerschein fördert ihr zufolge das Gemeinschaftswesen ganz besonders. Diese These untermauert sie mit Ergebnissen einer Untersuchung bei Mitgliedern des Jäger- und Sammlervolkes der Buschleute. Ihre Gespräche und Aktivitäten am nächtlichen Lagerfeuer sind charakteristisch, berichtet die Wissenschaftlerin.

Einige Buschleute der Kalahari in Botswana und Namibia leben heute noch so, wie es für den Menschen während seiner Entwicklungsgeschichte typisch war: Die Jagd und das Sammeln von Nahrung bilden die Lebensgrundlage der kleinen Gemeinschaften der Buschleute. Auch das Feuer spielt bei ihnen noch eine buchstäblich zentrale Rolle: Abends versammeln sie sich meist in Gruppen von etwa 15 Leuten um ein Lagerfeuer zur gemütlichen Runde.

Über was sie sich im flackernden Feuerschein unterhalten, hat Polly Wiessner von der University of Utah gezielt untersucht. Für ihre Studie zeichnete sie bei Besuchen Gespräche der Buschleute während des Tages und während des abendlichen Beisammenseins auf. Übersetzter der faszinierenden Klicksprache der Buschleute  lieferten Wiessner anschließend das Material für ihre Auswertungen.

Feuerschein schafft entspannte Atmosphäre

Die Forscherin stellte fest: 75 Prozent der Gespräche des Tages drehen sich um Themen der Nahrungsbeschaffung und um andere ökonomische Aspekte des Lebens der Buschleute. „Die Tages-Gespräche haben außerdem viel mit sozialer Kontrolle zu tun: Kritik, Beschwerden und Streitpunkte prägen die Konversationen“, berichtet Wiessner. Ganz anders die Gespräche im abendlichen Feuerschein der Lagerfeuer: Sie entfernten sich von den Sorgen des Alltags: 81 Prozent der Zeit wurden hier Geschichten erzählt, gesungen, getanzt und man sprach über weit entfernt lebende Gruppen von Buschleuten. Außerdem waren Normen und Bräuche häufige Themen.

„Die Atmosphäre eines Feuers in der Dunkelheit verbindet, besänftigt und stimuliert Menschen. Der Feuerschein schafft offenbar Intimität“, sagt Wiessner. „Da entspannt man sich und wünscht sich Frohsinn und Unterhaltung. Wenn es am Tag Konflikte gab, versöhnen sich die Beteiligten abends oft wieder“, so die Forscherin. Viele anthropologische Studien haben sich vor allem auf die Vorteile des Kochens und auf andere praktische Aspekte des Feuers konzentriert. „Aber kaum jemand hat sich mit dem Einfluss der Tagesverlängerung durch das Licht des Feuers auf die soziokulturelle Entwicklung des Menschen befasst“, sagt Wiessner. Sie ist überzeugt: Der nächtliche Feuerschein erlaubte es den frühen Jäger- und Sammlergesellschaften entspannte Sozialkontakte zu pflegen, ohne dass dies zu Lasten des Nahrungserwerbs ging. Das könnte die Entwicklung der Kultur entscheidend gefördert haben, meint die Wissenschaftlerin.

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Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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