Vor etwa 40 Millionen Jahren lebten die gemeinsamen Urahnen von Affe und Menschen noch ausschließlich in Asien. Das belegen die Untersuchungen eines fossilen Zahns, der einst einem Primaten im heutigen Myanmar gehörte. Den Forschern zufolge war der kleine Insektenfresser eng mit einem zeitgleich in Afrika existierenden Primaten verwandt, dessen Vorfahren den Untersuchungen zufolge aus Asien gekommen waren. In Afrika haben sich aus diesen Wesen dann die Affenarten und schließlich auch der Mensch entwickelt, glauben die Forscher um Jean-Jacques Jaeger von der Université de Poitiers.
Lange hat man angenommen, dass die gemeinsamen Vorfahren der heutigen Affen und des Menschen, die sogenannten Anthropoiden, sich in Afrika entwickelten. Doch Funde in China und Südostasien hatten dieser Vermutung bereits widersprochen: Die dortigen Fossilien sind älter als die frühesten bekannten afrikanischen Vertreter dieser Primaten. Es hätte aber durchaus sein können, dass ältere Fossilien in Afrika einfach nicht erhalten geblieben sind. Doch den aktuellen Ergebnissen zufolge belegen die beiden eng verwandten Primaten aus Myanmar und Libyen nun, dass diese Lücke in der afrikanischen Fossilien-Chronologie der Realität entspricht: „Die anthropoiden Primaten gab es in Afrika vorher einfach nicht“, sagt Jean-Jacques Jaeger.
Ein Leichtgewicht von 100 Gramm
Die Forscher nannten den neu entdeckten Primaten Afrasia djijidae. Die Untersuchung der vier gefundenen Zähne legt nahe, dass sie Insekten fraßen und nur etwa 100 Gramm schwer wurden. Forscher nutzen oft die Analysen von Zahnstrukturen für die stammesgeschichtliche Einordnung von Fossilien, denn die komplexen Strukturen können darüber Aufschluss geben. Jaeger und seinen Kollegen zufolge sind die Zahnstrukturen von Afrasia djijidae etwas ursprünglicher im Vergleich zu denen seines afrikanischen Verwandten. Demzufolge sei die Heimat des gemeinsamen Vorfahren beider Arten Asien gewesen.
Wie unsere winzigen Vorfahren nach Afrika gelangt sind, bleibt indes unklar. Der Weg war nach derzeitigem Wissenstand eigentlich versperrt: Vor rund 40 Millionen Jahren, waren Afrika und Eurasien noch durch das Tethys-Meer getrennt. Bei der Eroberung Afrikas haben die anthropoiden Primaten diesen Meeresarm aber irgendwie überquert, sagen die Forscher. Auf dem afrikanischen Kontinent entwickelten sie sich dann weiter zu den verschiedenen Affenarten, den Vormenschen und letztlich zu den ersten Vertretern des Homo sapiens. „Wenn es die urzeitliche Einwanderung nicht gegeben hätte, wären wir heute nicht hier“, gibt Coautor Christopher Beard vom Carnegie Museum of Natural History in Pittsburgh zu bedenken.
Jean-Jacques Jaeger (Université de Poitiers) et al.: PNAS, doi: 73/pnas.1204026109 © wissenschaft.de –
Martin Vieweg