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Mysteriöser Werkzeugmacher

Geschichte|Archäologie

Mysteriöser Werkzeugmacher
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Urzeitliche Steinabschläge, gefunden auf Sulawesi (Foto: Erick Setiabudi)
Nach gängiger Theorie besiedelte der Homo sapiens Südostasien und Australien erst vor rund 50.000 Jahren. Doch jetzt haben Forscher auf der Insel Sulawesi Steinwerkzeuge entdeckt, die deutlich älter sind: Sie stammen bereits aus der Zeit vor knapp 200.000 bis 100.000 Jahren. Weil jedoch auf Sulawesi bisher keine frühmenschlichen Knochen oder Zähne gefunden wurden, bleibt die Identität der Werkzeugmacher rätselhaft. Handelte es sich um frühe Homo sapiens? Oder vielleicht um die „Hobbitmenschen“ der Nachbarinsel Flores?

Australien ist heute durch das Meer vom asiatischen Festland getrennt. Nur die Inseln Südostasiens bilden eine immer wieder unterbrochene Brücke zwischen den Kontinenten. Doch das war nicht immer so: Während der Eiszeiten lag der Meeresspiegel tiefer, so dass die Inseln Borneo, Sumatra, Java und Bali zum Festland Asiens gehörten, Neuguinea und einige kleinere Inseln bildeten dagegen mit Australien eine Einheit. Dazwischen jedoch klaffte eine Lücke, in der das heutige Sulawesi, die Insel Flores und weitere Inseln lagen. Aus Fossilfunden weiß man, dass die ersten Vertreter des anatomisch modernen Menschen diese auch als Wallacea bezeichnete Lücke erst vor rund 50.000 Jahren überquerten und Australien besiedelten. Doch wann die ersten Menschen die Inseln selbst erreichten, bleibt bisher unklar. Denn Felsmalereien im Nordwesten Sulawesi belegen zwar die Präsenz des Homo sapiens vor spätestens 40.000 Jahren in dieser Gegend. Andererseits scheint der rätselhafte Homo floresiensis auf der Nachbarinsel Flores deutlich ältere Wurzeln zu besitzen. Die Vorfahren dieser „Hobbitmenschen“ könnten sogar schon vor einer Million Jahre nah Flores gelangt sein, wie Gerrit van den Bergh von der University of Wollongong und seine Kollegen erklären.

Jetzt sorgen neue Funde auf Sulawesi für weiteres Rätselraten. Denn bei Ausgrabungen im Süden der Insel entdeckten van den Bergh und seine Kollegen 270 urzeitliche Steinklingen und -werkzeuge. Diese bestehen meist aus einfachen Abschlägen von größeren Steinen, die durch gezielte Schläge mit einem hammerähnlichen Brocken erzeugt wurden. „Obwohl ein Muster in der Technik zu erkennen ist, gibt es nur wenig Hinweise darauf, dass die Schöpfer dieser Steinklingen ihren Werkzeugen eine spezielle Form geben wollten“, erklären die Forscher. „Stattdessen wollten sie durch das Abschlagen wohl einfach scharfkantige Schneiden produzieren.“ Diese eher primitive Form der Werkzeuge passt gut zum hohen Alter dieser Relikte: Wie die Forscher berichten, ergab die Uran-Datierung von Tierknochen und -zähnen aus der unmittelbar darunterliegenden Fundschicht ein Alter von mindestens 200.00 Jahren. Eine Analyse von Sedimentproben aus der Fundschicht selbst deutet auf eine Entstehung der Steinwerkzeuge im Zeitraum vor 194.000 bis 118.000 Jahren hin.

Lange vor Ankunft des Homo sapiens

„Aus diesen Ergebnissen schließen wir, dass die Erstbesiedelung von Sulawesi bereits vor mindestens 118.000 Jahren erfolgt sein muss“, konstatieren van den Bergh und seine Kollegen. Das aber bedeutet, dass es in dieser Region schon Menschen gegeben haben muss, lange bevor der Homo sapiens auf dem Weg nach Australien hier vorüberkam. Wer aber waren dann die rätselhaften Schöpfer der Steinwerkzeuge? Theoretisch gibt es in der Region dafür drei Kandidaten, wie die Forscher erklären: Diese frühen Kolonisten könnten zum Homo floresiensis gehört haben, der schon seit mindestens 190.000 Jahren auf der Nachbarinsel Flores lebte. Möglich wäre aber auch, dass Vertreter des Homo erectus die Werkzeuge hinterließen, denn Relikte dieses Frühmenschen zeugen schon vor 1,5 Millionen Jahren von seiner Präsenz auf der westlich der Wallacea liegenden Insel Java. Und schließlich könnten sogar die bisher nur in Mittelasien nachgewiesenen Denisova-Menschen ihr Verbreitungsgebiet nach Südosten ausgedehnt haben.

Ob wirklich einer dieser drei Kandidaten die jetzt auf Sulawesi entdeckten Werkzeuge schuf – und welcher von ihnen, bleibt vorerst offen. Denn das ließe sich erst herausfinden, wenn menschliche Knochen oder Zähne aus dieser Zeit auf der Insel entdeckt werden. Doch leider fehlen diese Belege bisher, wie die Forscher berichten. Außer ihren Steinklingen und ein paar Tierknochen haben die rätselhaften Bewohner Sulawesis offenbar kaum etwas hinterlassen. Die Paläontologen hoffen jedoch, künftig vielleicht auf einer der Nachbarinseln fündig zu werden. Denn ihrer Ansicht nach müssen diese geheimnisvollen Kolonisten mit den Meeresströmungen entweder von Norden aus Richtung der Philippinen gekommen sein, oder aber aus dem westlich benachbarten Borneo.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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