Das gilt unter anderem für Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans – und bei ihnen dominieren tatsächlich Individuen mit langen Ring- und kurzen Zeigefingern. Beim Menschen dagegen gibt es eine große Bandbreite an Fingerlängenverhältnissen und dazu passend auch viele verschiedene Partnerschaftsmodelle. Der Zusammenhang ist also ziemlich eindeutig, betonen Emma Nelson und ihre Kollegen – daher erlaubt er ihrer Ansicht nach auch, Rückschlüsse auf Sozialstrukturen bei lange ausgestorbenen Primaten zu ziehen.
Nelson nahm sich also zusammen mit ihrem Team die fossilen Fingerknochen einer Reihe früher Hominiden vor. Dazu gehörten der vor etwa 12 Millionen Jahren ausgestorbene Pierolapithecus catalaunicus, der Orang-Utan-ähnliche Hispanopithecus laietanus, der vor etwa 9,5 Millionen Jahren lebte und Ardipithecus ramidus, rund 4,4 Millionen Jahre alt, der entweder ein direkter Vorfahr der Menschen oder ein enger Verwandter unserer Urahnen war. Dazu kamen noch Australopithecus afarensis, der vor zwei bis drei Millionen Jahren lebte und als echter Menschenvorfahr gilt, der Neandertaler und ein 90.000 Jahre alter Homo sapiens.
Die frühen Spezies hatten alle ein ähnliches Fingerlängenverhältnis wie die heutigen Menschenaffen, zeigte die Analyse – sie lebten demnach vermutlich in promiskuitiven Gruppen. Das änderte sich erst bei Australopithecus: Seine Fingerlängen deuten auf eine monogame Lebensweise hin. Beim Neandertaler und auch beim frühen Homo sapiens ergibt sich kein ganz eindeutiges Bild. Vermutlich hatten sie demnach ebenfalls verschiedene Partnerschaftsmodelle, tendierten aber eher zur Promiskuität als heute lebende Menschen, schließen die Forscher. Sie hoffen nun, die Gültigkeit ihrer Methode mit Hilfe weiterer Funde bestätigen zu können.