„Hiskija verstopfte den oberen Ausfluss der Wasser des Gihon und leitete sie zum Westen der Stadt Davids hinab“, so steht es in der Bibel im zweiten Buch der Chronik (32, 30). Wiederentdeckt wurde Hiskijas Tunnel bereits im Jahr 1838. Doch einige Wissenschaftler zweifelten sein Alter und damit seine Echtheit an. Amos Frumkin von der Hebräischen Universität von Jerusalem und seine Kollegen haben jetzt den Ursprung des Tunnels mit radiometrischen Methoden auf etwa 700 vor Christus datiert – auf die Zeit, zu der König Hiskija lebte. Die Forscher stellen ihre Arbeit im Fachmagazin Nature vor (Bd. 425, S. 169).
Um die Wasserversorgung
Jerusalems auch während einer befürchteten Belagerung durch die Assyrer sicherzustellen, ließ Hiskija die außerhalb der Stadtmauern von Jerusalem gelegene
Quelle des Gihon durch einen etwa 530 Meter langen Tunnel mit dem Schiloach-Teich in der Stadt verbinden. Doch weil einige Wissenschaftler eine in der Nähe der Tunnelöffnung gefundene Inschrift auf das zweite Jahrhundert vor Christus datiert haben, wurde angezweifelt, dass der heutige Tunnel mit dem in der Bibel beschriebenem Hiskija-Tunnel identisch ist.
Eine genaue archäologische Datierung mit den heute zur Verfügung stehenden radiometrischen Methoden wurde bisher für nicht möglich gehalten, weil der Tunnel zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts von sämtlichem „Müll“ befreit worden war. Es sind keine archäologischen Fundstücke mehr vorhanden, die man untersuchen könnte.
Die israelischen Forscher haben jetzt fast buchstäblich den Putz von den Wänden gekratzt und einer radiometrischen Datierung unterzogen. Der Tunnel war verputzt worden, um ihn besser abzudichten. Die Forscher entnahmen Bodenproben und untersuchten Tropfsteine, die sich an der Tunneldecke gebildet hatten. Sie konnten das Alter des Putzes auf 700 vor Christus datieren, also auf die Zeit Hiskijas. Allerdings fanden sie auch jüngeren, nur etwa 600 Jahre alten Putz. Zu dieser Zeit wurde Jerusalem von den Mamelucken beherrscht.
Bei den radiometrischen Datierungsmethoden macht man sich zunutze, dass alle Stoffe einen geringen Prozentsatz radioaktiver Isotope enthalten. Über die bekannten Halbwertszeiten und Zerfallsreihen dieser Isotope kann man das jeweilige Alter bestimmen.
Axel Tillemans