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Steine erzählen: Cahokia war wohlhabend, betrieb aber keinen weitläufigen Handel

Geschichte|Archäologie

Steine erzählen: Cahokia war wohlhabend, betrieb aber keinen weitläufigen Handel
Cahokia wurde bisher für eine Ureinwohner-Siedlung aus dem 8. bis 15. Jahrhundert gehalten, die mit weit entfernten Stämmen von amerikanischen Ureinwohnern Handel trieb, vor allem mit Stämmen im westlichen Minnesota, im Norden der USA. Eine Verbindung dieser beiden Regionen wäre über den Mississippi möglich gewesen. Jetzt hat sich herausgestellt, dass die Handelswege doch nicht so weit gingen. Dafür stießen Forscher auf andere erstaunliche Leistungen.

Cahokia, die am weitesten entwickelte Ureinwohner-Stätte in Nordamerika, muss nach Erkenntnissen von Archäologen der Universität Illinois in Urbana-Champaign neu bewertet werden: Die Gesellschaft, die im heutigen Illinois, im Mittleren Westen, zwischen 700 und 1400 nach Christus lebte, war politisch und sozial sehr komplex und wohlhabend. Sie trieb aber keinen weitläufigen Handel, wie bisher angenommen wurde. Einige der Erkenntnisse sind in der Zeitschrift Plains Anthropologist veröffentlicht.

Cahokia wurde bisher für eine Siedlung gehalten, die mit weit entfernten Stämmen Handel trieb, vor allem mit Stämmen im westlichen Minnesota. Als Handelsroute hierfür bietet sich der Mississippi an. Der Hauptgrund für die Annahme einer Handelsbeziehung aber waren Gegenstände, die aus dem seltenen, in Minnesota vorkommenden Pipestone gemacht waren. Der Archäologe Thomas Emerson und der Geologe Randall Hughes haben nun mit Hilfe des Röntgenstrahlen-Beugungsverfahrens und der Spektralanalyse nachgewiesen, dass es sich bei dem vermeintlichen Pipestone um einen gewöhnlichen roten Feuerstein handelte, der zumindest in Missouri, dem östlichen Nachbarn des Bundesstaates Illinois, sehr häufig vorkommt.

Gleichwohl fand man auch achten Pipestone in Cahokia, doch dieser stammt aus dem 16. und 17. Jahrhundert, als die Cahokia-Kultur schon untergegangen war. „Ausgiebiger Handel wird oft als wichtiger Faktor in frühen Zivilisationen angesehen“, sagt Emerson. „Das ist nach den neuen Erkenntnissen in Cahokia nicht der Fall. Aber unser Argument ist, dass politische und soziale Komplexität nicht unbedingt ein weites ökonomisches Netz impliziert.“

Tatsächlich hat ein anderes Grabungsteam unter der Leitung von Tim Pauketat, ebenfalls von der Universität Illinois, ein riesiges Lager unberührter Steinaxt-Köpfe in Cahokia gefunden. „Solche Lager von Steinaxt-Köpfen sind in großen und wichtigen Zentren gefunden worden und können als Zeichen von ‚Reichtum‘ oder hohem sozialem Status gelten“, erklärt Pauketat. Das Faszinierende an den gefundenen 70 Axtköpfen ist, dass man sie vergraben hatte, ohne sie vorher benutzt zu haben. Möglicherweise haben sie für irgendeine Form von Gedenk-Ritual gedient. Alle Äxte sind aus Eruptivgestein, Basalt oder Diabas, gemacht und stammen aus dem Ozark-Plateau in Missouri. „Das bedeutet“, so Pauketat, „dass die Menschen eine Expedition zu der Rohmaterialstätte ausrüsten, die Steine in Kanus den Mississippi hinaufschleppen und schließlich in Cahokia verarbeiten mussten.“ Geröllspuren, die die Archäologen fanden, deuten darauf hin, dass die Äxte hier hergestellt wurden. Heute würde so eine Aktion sehr viel Geld kosten, in der prähistorischen Siedlung Cahokia muss es Macht- und Sozialstrukturen gegeben haben, die bewirkten, dass die Menschen diesen Steinabbau auf sich nahmen.

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