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Grüner Daumen in der Wüste

Geschichte|Archäologie

Grüner Daumen in der Wüste
Eine alte These zur Erklärung der Nasca-Linien hat einen Beweis gefunden. Leseprobe aus bild der wissenschaft 02/2017

Die Nasca-Linien sind unübersehbar: In den Boden des südlichen Peru sind die Umrisse gigantischer Affen, Vögel, Wale und Menschen gescharrt, manche davon mehrere Hundert Meter groß. Der Sinn dieser Geoglyphen war den Wissenschaftlern lange ein Rätsel. In einem Artikel über das Geheimnis von Nasca spekulierten Forscher im Januarheft 2007 von bild der wissenschaft, dass die Bodenzeichnungen mit einer Klimaveränderung und Trockenheit zusammenhängen könnten. Nun hat die italienische Ingenieurin Rosa Lasaponara dafür den Beweis geliefert.

Cleveres Brunnensystem

Die Erdbilder sind steinalt: Die Menschen der Nasca-Kultur legten die Monumente zwischen 200 v.Chr. und 600 n.Chr. an. Damals kam es in der Region zu jahrzehntelangen Dürren. Heute ist dort der Nordausläufer der sehr trockenen Atacama-Wüste. Doch wieso sind die Nasca-Leute nicht einfach fortgezogen und haben ihr Glück andernorts gesucht?

Rosa Lasaponara kennt die Antwort: „Weil sie ein ausgeklügeltes Brunnensystem hatten, das sie mit Wasser versorgte.“ Diese Brunnen – „Puquios“ nennt man sie heute – sind an vielen Stellen des ehemaligen Nasca-Gebietes zu finden. Sie haben die Form eines Trichters und schrauben sich wie Korkenzieher in den Boden. In der Tiefe sind sie miteinander verbunden – durch Kanäle und Reservoirs, in denen sich Wasser sammelt. Flüsse, die unterirdisch verlaufen, füllen die Zisternen. Das Besondere: Die spiralförmigen Brunnen fangen den Wind auf und geben ihm Fahrt. Dadurch entsteht Druck von oben, der das Wasser aus den Reservoirs durch die Kanäle schiebt und zu anderen Puquios bringt.

Eine nachhaltige Ingenieurleistung: Bis heute werden 53 dieser Brunnen von den Bewohnern der Region genutzt. Doch die meisten Puquios sind trockengefallen. Rosa Lasaponara erklärt: „Die Brunnen erfordern ein hohes Maß an Wartung, sonst verstopfen sie. Überdies hat sich das Erdreich im Laufe der Jahrhunderte verdichtet. An vielen Stellen ist es weniger wasserdurchlässig geworden, sodass sich die Reservoirs nicht mehr füllen.“

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Satellitenbilder geben Auskunft

„Dass die Nasca-Linien mit den Puquios in Verbindung stehen, wurde schon mehrfach vermutet“, erklärt Rosa Lasaponara. „Allerdings konnte niemand die Hypothese bestätigen. Deshalb haben wir Satellitenbilder ausgewertet, um nachzusehen, ob etwas Wahres daran ist.“ Tatsächlich fanden Lasaponara und ihr Kollege Nicola Masini ein charakteristisches Muster: „Etliche Brunnen liegen entlang der Nasca-Linien. Die Scharrbilder waren wohl Straßen, an denen die Menschen Wasser finden konnten“, erklärt die Ingenieurin. Erst die Kanäle, so Lasaponara, ermöglichten die Landwirtschaft und ‧sicherten das Überleben der Nasca-Leute. „Die Anlagen zeigen, dass die Menschen schon vor 2000 Jahren Wasser umleiten konnten. Sie waren in der Lage, aus der Wüste einen Garten zu machen.“

Die eigentümlichen Tiergestalten der Nasca-Linien bestätigen das. Die Figuren sind Vergrößerungen von Motiven, die auf Textilien und Keramik der Nasca-Kultur zu finden sind. Viele Tierarten sind naturalistisch dargestellt: Ein Orca ist zu erkennen und auch einige Vogelarten, die am Wasser leben. „Insbesondere Vögel standen in der Mythologie der Nasca mit Wasser in Verbindung“, sagt Rosa Lasaponara.

Viele Puquios liegen in der Nähe ehemaliger Nasca-Siedlungen. „Das ist ein wichtiger Hinweis für die Kollegen von der Archäologie“, sagt Lasaponara, „denn die Brunnen kennen wir, aber viele Nasca-Siedlungen könnten noch unentdeckt sein. Jetzt wissen die Archäologen, wo sie graben müssen.“

 

  
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© wissenschaft.de – Dirk Husemann
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