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Navigationshilfe für Wikinger

Geschichte|Archäologie

Navigationshilfe für Wikinger
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Wikinger navigierten vor allem mit Hilfe der Sonne (gemeinfrei)
Die Wikinger waren Meister der Seefahrt. Sie dominierten nicht nur die Küsten Nordeuropas, sie überquerten vor rund tausend Jahren auch den Atlantik mit ihren hochseetauglichen Schiffen. Vor allem der Sonnenstand verriet ihnen dabei ihre Position, denn Magnetkompasse kannten die Wikinger noch nicht. Ein auf Grönland entdecktes Artefakt aus der Wikingerzeit könnte sich nun als weiteres, zuvor unbekanntes Hilfsmittel zur Sonnennavigation erweisen. Es erlaubte den nordischen Seefahrern möglicherweise, sogar in der Dämmerung ihren Kurs zu halten.

Im Gegensatz zu späteren Seefahrern fehlte den Wikingern ein wichtiges Navigationswerkzeug: der Magnetkompass. Sie waren daher für ihre Orientierung auf See vor allem auf die Sonne angewiesen, die während der langen Polarsommer im hohen Norden lange am Himmel steht.  Aus archäologischen Funden ist bekannt, dass die Wikinger-Seefahrer einen einfachen Sonnenkompass und ein sogenanntes Horizont-Brett nutzten, um anhand des Sonnenstands und der Position der Sonnenauf- und Untergänge am Horizont ihre geografische Breite und Fahrtrichtung grob zu bestimmen. Vor einigen Jahren entdeckten Forscher zudem ein weiteres Navigations-Hilfsmittel der Wikinger: den sogenannten Sonnenstein. Dieser besteht aus einem Doppelspat-Kristall, mit dem sich die Schwingungsrichtung des einfallenden Sonnenlichts bestimmen lässt. Die Wikinger konnten damit die Sonne orten, auch wenn sie hinter Wolken verborgen stand.

Rätselhaftes Artefakt

Nach Ansicht von Balázs Bernáth von der Eötvös Universität in Budapest und seinen Kollegen besaßen die Wikinger aber noch eine Navigationshilfe, ein sogenanntes Dämmerungsbrett. Ein unter den Ruinen einer Benediktinerabtei im grönländischen Uunartoq entdecktes Artefakt aus der Wikingerzeit brachte sie auf dessen Spur. Das Fundstück besteht aus der Hälfte einer flachen, sieben Zentimeter großen Scheibe. In deren Mitte sitzt ein 17 Millimeter  Loch, auf der Scheibe sind zudem zwei Linien eingeritzt, die Schattenverläufe markieren könnten. An einer Seite der Scheibe kennzeichnet eine Reihe von kurzen parallelen Einritzungen zudem eine Richtung. „In früheren Analysen des Artefakts wurden diese Ritzspuren bereits als grobe Markierung der Nordrichtung angesehen“, erklären die Forscher. Das Artefakt wäre dann eine Art Sonnenkompass und die beiden Linien könnten den Schattenwurf zur Tagundnachtgleiche und zur Sommersonnwende markieren.

Allerdings: Für einen normalen Sonnenkompass ist das Mittelloch viel zu groß und die beiden Linien sitzen zu weit innen, wie Bernáth und seine Kollegen konstatieren. Ihrer Ansicht nach handelt es sich daher um eine spezialisierte Form dieses Instruments, ein Hilfsmittel, mit dem die Wikinger vor allem bei niedrigen Sonnenstand und in der Dämmerung navigieren konnten. Dabei saß ursprünglich ein kegeliges Mittelstück im Zentrum des „Dämmerungsbretts“, wie sie das Instrument bezeichnen. Dieses Mittelstück warf bei noch sichtbarer Sonne einen Schatten. War die Sonne aber nicht sichtbar oder bereits unter dem Horizont, dann wurde das Dämmerungsbrett mit zwei Hilfsmitteln kombiniert: Ein Sonnenstein half dabei, die genaue Position der unsichtbaren Sonne zu bestimmen. Dann kam ein sogenannter Schattenstab zu Einsatz, der waagerecht wie ein Zeiger auf den Mittelkegel aufgesetzt wurde und den Schattenwurf simulierte.

Nordrichtung bis auf 4 Grad genau

Um zu testen, wie präzise die Navigation mit einem solchen Dämmerungsbrett wäre, führten die Forscher ein  Experiment mit Nachbauten dieses Instruments durch. Dabei ließen sie Studenten der Budapester Universität bei Sonnenständen zwischen 18° über dem Horizont und 8° darunter zunächst die Position der Sonne mit Hilfe von Sonnensteinen aus Kalzitkristallen bestimmen. Die Sonne war zu dieser Zeit von der Skyline der Stadt verdeckt und daher nicht direkt beobachtbar. Dann sollten die Studenten mit Hilfe des Dämmerungsbretts und einem Schattenstab die Nordrichtung finden. Wie sich zeigte, gelang dies relativ gut: Der beste Teilnehmer im Experiment hatte eine Abweichung von nur 1,5°, die anderen blieben im Bereich von maximal 11° Abweichung von der Nordrichtung. Im Durchschnitt lag die Fehlerspanne bei 4°. „Mit ein bisschen Training kann die Genauigkeit dieser Navigation sicher noch deutlich verbessert werden“, konstatieren die Wissenschaftler.

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Ihrer Ansicht nach erklärt ihre Interpretation des grönländischen Artefakts nicht nur dessen geringe Größe und großes Mittelloch. Die eingeritzten kurzen Rillen wären dann in der Tat eine Nordmarkierung, die beiden längeren Linien würden den Schattenverlauf zu Reisedaten der Wikinger von Grönland nach Norwegen oder zurück anzeigen. „Zusammen mit dem Sonnenkompass und Sonnenstein könnte das Dämmerungsbrett den Wikingern eine Navigation rund um die Uhr ermöglicht haben“, konstatieren die Forscher: Nachts richteten sie sich nach dem Nordstern, tagsüber nach dem Sonnenkompass und bei bewölktem Himmel oder in der Dämmerung nutzten sie das Dämmerungsbrett.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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