Die EU lehnt knapp zwei Wochen vor Auftakt der Welthandelskonferenz in Katar eine grundsätzliche Änderung des Abkommens zum Schutz geistigen Eigentums ab. Das hatten einige Entwicklungsländer, unter anderem Brasilien, gefordert. Sie wollen den Patentschutz für Medikamente nach eigenem Ermessen aussetzen, wenn das gesundheitspolitisch geboten erscheint. «Das geht viel zu weit», warnt EU-Außenhandelskommissar Pascal Lamy. «Ich bin absolut dafür, geistiges Eigentum zu schützen», sagte der Kommissar im Gespräch mit dem «Handelsblatt».
Damit wird ein neuer Streit in die Konferenz der Welthandelsorganisation (WTO) getragen, auf der über eine Liberalisierung von globalen Handelsregeln beraten werden soll. Zusätzlichen Zündstoff hatte der Debatte die ursprüngliche Absicht der US-Regierung verliehen, das Patentrecht der Bayer AG am Milzbrandmedikament Ciprobay nach mehreren Anthrax-Todesfällen aufzuheben. Washington wollte der US-Pharmaindustrie die Möglichkeit verschaffen, das Arzneimittel zu günstigeren Konditionen anzubieten, und so eine breitere Anwendung ermöglichen.
In Verhandlungen mit den Regierungen der USA und Kanada machte Bayer in der vergangenen Woche große Preiszugeständnisse. Für die US- Notfallreserve liefert Bayer 100 Millionen Tabletten zu je 95 Cent statt 1,77 Dollar das Stück. Trotzdem bleibt das Leverkusener Chemie- und Pharmaunternehmen in den USA unter Druck. Mehrere US-Anwälte kündigten Klagen gegen Bayer an, weil eine wettbewerbswidrige Vereinbarung mit Konkurrenten vermutet wird.
„Der Fall ist ein echter Test für das WTO-Abkommen über den Schutz geistigen Eigentums“, sagte Lamy. Das so genannte Trips-Abkommen regelt Patentrechte und sieht Ausnahmen vor. Die aber seien unzureichend formuliert. Lamy: «Der Ausnahmefall muss klarer beschrieben werden.»
dpa