Der größte Unterschied zwischen dem Text von 1522 und dem Luthertext aus dem Jahr 1961 besteht darin, dass die Virgel mit der Ausgabe von 1736 ein für allemal verschwindet. Dafür taucht das Komma auf, das in vorherigen Bibeldrucken nicht zu finden war. In den meisten Fällen ersetzt das Komma die Funktion des kleinen Schrägstrichs. Die Virgel hatte ebenso wie das Komma die grammatische Funktion, Hauptsätze von Nebensätzen zu unterscheiden. Das Semikolon taucht ab 1694 auf. Es vertritt teilweise den Punkt, um stärkere Zusammenhänge, und teilweise das Komma, um schwächere Zusammenhänge zu signalisieren.
Während das Fragezeichen von Beginn der deutschen Texte an am Satzende vorhanden ist und auch seine Funktion nicht ändert, findet sich das Ausrufezeichen erst ab der Lutherausgabe von 1797. Der Punkt ist gegenüber Fragezeichen und Ausrufezeichen die unmarkierte Form des Satzendes. Das Fragezeichen birgt versteckt ein intonatorisches Prinzip: Bei Fragen verläuft die Satzmelodie anders als bei Aussagesätzen. Allerdings ist die Markierung eines Fragesatzes am Ende eines längeren Satzes für den Leser völlig überflüssig, da die Information über die unterschiedliche Satzmelodie zu spät kommt.
Günther geht davon aus, dass Betonung und Zeichensetzung zwei voneinander unabhängige Mittel sind, um auf der Satzebene grammatische Strukturen zu signalisieren. Nach seiner Auffassung bildet die Intonation die Zeichensetzung nicht ab. Diese Tatsache ist zudem nicht nur auf das Deutsche beschränkt, sondern gilt auch für das Rumänische und damit womöglich auch für andere indoeuropäische Sprachen.