Auf der Suche nach der Antwort überprüften die Astronomen erneut die historischen Berichte zum Zeitpunkt der Schlacht. Genau wie der deutsche Philologe August Böckh, von dem die alte Datierung stammt, nutzten auch Olson und seine Kollegen eine Schrift des griechischen Historikers Herodot: Demnach baten die Athener nach der Landung der Perser in Marathon die Spartaner um Hilfe. Diese sagten ihre Unterstützung zwar zu, wollten jedoch wegen des bevorstehenden religiösen Festes Karneia erst sechs Tage später, nach dem nächsten Vollmond, aufbrechen. Böckh hatte für die Berechnung des Datums dieser Mondphase den athenischen Kalender verwendet und war dabei auf den 12. September gekommen.
Genau da lag der Fehler, entdeckten die amerikanischen Astronomen nun: Obwohl sich der spartanische und der athenische Kalender stark ähnelten, waren sie doch nicht vollständig identisch. So begann beispielsweise der athenische mit dem ersten Vollmond nach der Sommersonnenwende am 21. Juni, während der spartanische mit dem ersten Vollmond nach der Tagundnachtgleiche Mitte September im Herbst begann. Ausgerechnet im Jahr 490 vor Christus lagen dabei nicht, wie üblich, neun Mondphasen zwischen diesen beiden Daten, sondern zehn. Dadurch war der spartanische Kalender dem athenischen genau einen Monat voraus.
Wenn der Lauf also nicht Mitte September, sondern am 12. August stattgefunden hat, sei auch nachvollziehbar, warum der Athlet starb, sagt Olson. Während nämlich die Temperaturen rund um Athen im September durchschnittlich bei maximal 28 Grad Celsius liegen, können sie im August bis zu 39 Grad Celsius betragen ? eine Temperatur, bei der selbst ein trainierter Sportler einen Hitzschlag erleiden könne.