Doch die Berichte der von osmanischen Piraten gefangen genommenen Engländer zeichnen ein ambivalenteres Bild, wie das Buch von Daniel Vitkus von der Florida State University zeigt: „Diese Berichte kehren einige der Stereotype über muslimisch-christliche Beziehungen, die wir so im Kopf haben, in ihr Gegenteil um“, sagt der Forscher. „Auch wenn die Erzähler dazu tendieren, die islamische Welt zu dämonisieren, sind sie doch immer davon fasziniert.“
Beschreibungen von der Flucht aus der osmanischen Gefangenschaft werden zwar häufig als Flucht aus der muslimischen „Dunkelheit“ in die christliche „Helligkeit“ beschrieben. Doch es gibt auch Fälle wie den des Engländers Joseph Pitts, der zum Übertritt zum Islam gezwungen wurde, dann aber diesen Glauben auch soweit lebte, dass er als erster gebürtiger Engländer die Pilgerreise nach Mekka unternahm. Wer sich zum Islam bekehren ließ, der konnte innerhalb seiner Gefangenschaft weitreichende Freiheiten genießen. So durften im Osmanischen Reich versklavte Engländer, die Moslems geworden waren, ihre eigenen Läden unterhalten.
Der Bericht eines gewissen Richard Hasleton aus dem Jahr 1595 zeigt sogar eine Flucht aus der Flucht vor den Osmanen: Hasleton war es gelungen, aus der Gefangenschaft zu entkommen, wurde aber kurz darauf von der spanischen Inquisition gefangen genommen. Da er als protestantischer Engländer nicht zum Katholizismus übertreten wollte, wurde er von der Inquisition gefoltert. So entschied er sich, die Flucht nach dorthin anzutreten, wo er zuletzt gewesen war: in die vergleichsweise milden Gefangenschaftsbedingungen bei den Osmanen.
Literaturhinweis: Daniel J. Vitkus (ed.): „Piracy, Slavery, and Redemption Barbary Captivity Narratives from Early Modern England“, Columbia University Press, November 2001, ISBN 0231119054.