Der Siegeszug der Mongolen ist untrennbar mit einem Namen verbunden: Dschingis Khan. Ihm war es im frühen 13. Jahrhundert gelungen, die untereinander zerstrittenen Stämme der Mongolen unter seiner Führung zu vereinigen. Er ballte dadurch sein Volk auch gleichsam zu einer Faust: Die vereinigten Reiterhorden bildeten eine Streitmacht, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Binnen weniger Jahre kamen die Nachbarvölker der Mongolen buchstäblich unter die Hufe. Die Söhne und Enkel Dschingis Khans dehnten das Imperium schließlich zum größten zusammenhängenden Weltreich aller Zeiten aus. Es umfasste riesige Gebiete vom heutigen Korea, über China bis nach Indien, den Nahen Osten und Osteuropa. Das Reich zerfiel zwar recht bald wieder, doch die Ära der Mongolen hat den Verlauf der Weltgeschichte zweifellos maßgeblich geprägt.
Es gab bisher Vermutungen, dass ungünstige Klimabedingungen in der asiatischen Steppe die Mongolen einst „wild” gemacht haben könnten. Dürren und Missernten durch Klimaschwankungen waren in der Geschichte häufig die Ursache von historischen Ereignissen. Doch im Fall der Mongolen war es offenbar ein günstiger Klimaeffekt, der den Lauf der Geschichte verändern sollte, sagen die Forscher um Neil Pederson von der Columbia University in Palisades. Ihre Ergebnisse basieren auf den Untersuchungen der Jahresringe von uralten Kiefern aus der Mongolei. In ihnen spiegeln sich über tausend Jahre Klimageschichte in der Region wider.
Baumringe dokumentieren ein gutes Klima für Eroberer
Das hölzerne Klimaarchiv offenbarte, dass es in der Geschichte der Mongolei einst eine ungewöhnliche Klima-Periode gegeben hatte: Zu keiner anderen Zeit war es so warm und feucht gewesen wie zwischen 1211 und 1225. Zuvor hatte es hingegen eine ausgesprochen kalte und trockene Phase gegeben. Beim Blick in die Geschichtsbücher zwingt sich der Zusammenhang zu historischen Ereignissen fast auf: Ab 1211 beginnt die Großoffensive der Mongolen in Richtung Süden und 1215 erobern sie schließlich Peking. Bis zu seinem Tod im Jahr 1227 ist Dschingis Khan auf dem Siegeszug und macht alle Armeen platt, die sich ihm in den Weg stellen. „Das Klima war dabei zwar nicht der einzige Faktor”, sagt Co-Autorin Amy Hessl, „aber es bot Dschingis Khan vermutlich ideale Bedingungen, um seine Armee aufzubauen”. Das verstärkte Pflanzenwachstum durch die günstigen Klimabedingungen konnten die Mongolen vermutlich effizient in Pferdestärke umsetzen. Jedem Reiter der Armee standen fünf Pferde und mehr zur Verfügung, berichten die Forscher.
Die Untersuchungen der Baumringe legen nicht nur spannende historische Zusammenhänge nahe, sie geben auch wichtige Informationen über die aktuellen Entwicklungen im Rahmen des Klimawandels, sagen die Wissenschaftler. Nach 1225 gab es immer wieder gute und schlechte Klimabedingungen in der Mongolei, doch besonders in den letzten Jahrzehnten scheint sich ein bedenklicher Trend abzuzeichnen. Die Durchschnittstemperaturen sind drastisch gestiegen und häufige Sommerdürren veröden das Land. Sie werden oft von ausgesprochen kalten und langen Wintern gefolgt. Die Dürre des Jahres 2000 war den Jahresring-Analysen zufolge die stärkste, der die Bäume während ihrer langen Lebenszeit ausgesetzt waren. Die Bevölkerung der Mongolei leidet sehr unter den harschen Bedingungen der letzten Zeit. Ein Klima, über das sich Dschingis Khan vor 800 Jahren freuen konnte, scheint momentan nicht in Sicht.