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Pueblo-Indianer: Vom Klima vertrieben

Geschichte|Archäologie

Pueblo-Indianer: Vom Klima vertrieben
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Bauwerke der Anasazi in Mesa Verde (National Park Service)
Die Anasazi hinterließen beeindruckende Bauten – ganze Städte, die an den steilen Wänden von Felscanyons kleben. Doch warum diese Pueblo-Indianer des US-amerikanischen Südwestens vor rund 800 Jahren in Scharen in solche Siedlungen zogen, blieb bisher unklar. Jetzt haben US-Forscher mit Hilfe von Baumringen das Klima dieser Region bis auf die lokale Ebene hinein rekonstruiert. Dabei zeigt sich, dass starke lokale Verschiebungen von Regen und Temperaturen ganze Gebiete für den Maisanbau ungeeignet machten – und dies löste wahrscheinlich die Völkerwanderung der Pueblo-Indianer aus.

Bis vor rund 800 Jahren waren die Indianer im Südwesten der USA ganz normale Bauern, sie lebten in kleinen Dörfern, bestellten ihre Maisfelder und hielten Vieh. Doch etwa um 1200 änderte sich dies plötzlich: In Scharen gaben die Menschen ihre Dörfer auf und zogen in die Canyons und Plateaugebiete im Grenzgebiet des heutigen US-Bundesstatten Utah, Arizona, Colorado und New Mexico.  Dort errichteten sie ganze Städte, die in die Felswände hineingebaut waren. Die mehrstöckigen Häuser umfassten bis zu tausend Räume, allein in den Cliff-Häusern der Mesa Verde-Region lebten zu dieser Zeit rund 20.000 Menschen auf engem Raum. Doch diese Blüte der alten Pueblo-Kultur, die auch als Anasazi bekannt sind, endete wenige Jahrzehnte später so plötzlich, wie sie begonnen hatte: Die Indianer gaben ihre Felsbehausungen auf und verließen die Canyons, sie verstreuten sich im Südwesten und gingen im Laufe der Zeit in anderen Populationen auf.

Warum die Anasazi erst in die Schluchten zogen und diese dann so plötzlich wieder verließen, gilt als eines der großen Rätsel der präkolumbianischen Archäologie. Als Ursachen werden vor allem ein Wandel des Klimas diskutiert, aber es gibt auch Hinweise auf vermehrte Kriege mit benachbarten Völkern und soziale Konflikte.  Kyle Bocinsky von der Washington State University in St. Louis und seine Kollegen haben nun die Klimatheorie genauer überprüft und dabei zum ersten Mal einen detaillierten Einblick in die kleinräumige Klimaentwicklung der Pueblo-Region in den letzten 2.000 Jahren erhalten. Für ihre Studie werteten sie mehr als 200 Jahresringe von Bäumen im Südwesten Colorados und den angrenzenden Gebieten aus. Diese Daten speisten sie zusammen mit den klimatischen Ansprüchen von alten Maissorten in ein Computermodell ein und ermittelten in einer Simulation, wo zu welcher Zeit in diesem Gebiet das Klima einen Maisanbau ermöglichte.

Maisanbau nur noch auf den Plateaus

Das Ergebnis bestätigt, dass es das Klima war, das die Anasazi zu ihrer Völkerwanderung in die Canyons trieb. Wie die Forscher feststellten, sorgten Verschiebungen von Niederschlagsmustern und Temperaturzonen Ende des 12. Jahrhunderts dafür, dass in vielen Teilen des Südwestens Regen und Wärme für den Maisanbau nicht mehr ausreichten. Obwohl sich das Klima insgesamt nur wenig änderte, gab es auf lokaler Ebene sehr große Veränderungen – die vor allem die Bauern zu spüren bekamen. „Als die Pueblo-Menschen  ihre Dörfer verließen, zogen sie dorthin, wie sie ihre althergebrachten Anbautechniken weiterführen konnten“, sagt Bocinsky. Und dies waren vor allem die Hochplateaus von Mesa Verde. Denn dort herrschten in 90 Prozent der Zeit günstige Bedingungen: Es fielen noch um die 30 Zentimeter Regen pro Jahr – und damit knapp genug für den Maisanbau. Ähnlich günstig war die Lage auch auf den Pajarito Plateau in News Mexico, das ebenfalls um diese Zeit einen Zustrom von Siedlern erlebte. Erst als sich auch dort das Klima verschlechterte, wurden die Anasazi gezwungen, ihre Felssiedlungen zu verlassen.

Nach Ansicht der Forscher haben ihre Ergebnisse auch angesichts des heutigen Klimawandels Bedeutung.  Denn sie zeigen, dass selbst geringe Veränderungen des großräumigen Klimas auf lokaler Ebene dramatische Auswirkungen haben können – insbesondere auf den Pflanzenanbau. „Wir müssen im Kopf behalten, dass Menschen immer nach Orten suchen werden, wo sie ihre Form der althergebrachten Landwirtschaft, ob Mais-, Reis- oder Weizenanbau, weiter ausüben können“, erklärt Bocinsky. Doch wenn diese Nischen beginnen zu schrumpfen, dann werden viele Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren. Schon jetzt sorgen Dürren, aber auch wiederkehrende  Überschwemmungen dafür, dass sich Missernten in vielen Regionen der Erde häufen – Tendenz steigend. Viele Forscher sehen daher eine Völkerwanderung von Klimaflüchtlingen auf uns zukommen – die Geschichte wiederholt sich.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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