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Mythos der Walpurgisnacht erst 300 Jahre alt

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Mythos der Walpurgisnacht erst 300 Jahre alt
Obwohl der Glaube an Hexen bis ins Mittelalter zurückreicht, ist der Mythos um die Walpurgisnacht auf dem „Blocksberg“ vergleichsweise jung. Vermutlich ist er erst vor gut 300 Jahren entstanden, wie die Forschungen des Bonner Universitäts-Archivars Thomas Becker belegen, der seit Jahren den Ursachen des Hexenglaubens nachspürt.

Es ist eine sehr alte Vorstellung, dass sich Hexen zu gewissen Zeiten versammelt haben ? einmal im Monat oder alle zwei Wochen. Sie trafen sich an nahe gelegenen Orten, in einem Talkessel zum Beispiel oder sogar unsichtbar mitten auf dem Marktplatz, erklärt Becker. Doch der „Blocksberg“ als Zentrum der Teufelsanbetung wurde erst 1669 erstmals von dem Leipziger Johann Praetorius erwähnt. Gemeint war mit dem Blocksberg der Brocken im Harz.

Goethe, der 1777 erstmals den Brocken bestieg, verewigte die Walpurgisnacht im „Faust“ als die große jährliche Hexenversammlung: „Die Hexen zu dem Brocken ziehn, die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün. Dort sammelt sich der große Hauf, Herr Urian sitzt oben drauf. So geht es über Stock und Stein. Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.“

Die Vorstellung des „Hexentanzes“ war von zeitgenössischen „Dämonologen“ und Juristen etabliert worden und diente laut Becker vermutlich dazu, ein Bedrohungsszenario aufzubauen: Da Tanz eine Gruppen-Aktivität ist, konnte man so die angeblichen Hexen als einer Untergrundgruppierung gehörig anprangern, gegen die mit aller Macht vorgegangen werden müsse.

Die Hexenverfolgung war nach Erkenntnissen von Thomas Becker weniger Sache der kirchlichen Inquisition als der von weltlichen Gerichten. Im rheinischen Raum waren dafür vor allem Schöffengerichte verantwortlich. In jeder Stadt gab es Familien, die aus einem Erbrecht heraus Schöffen stellen durften und daher eine enorme Macht auf sich vereinigten.

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Die Neider ließen nicht auf sich warten. Ein probates Mittel, die Schöffen-Familien ihres Einflusses und ihrer Macht zu berauben war, das Gerücht in der Stadt zu streuen, die oder jene Schöffen-Familie stehe selbst mit Hexen und Teufeln im Bunde. „Es gibt gut dokumentierte Fälle, in denen ganze Schöffen-Familien dem Hexenwahn zum Opfer fielen“, erklärt der Universitäts-Archivar. „Diejenigen Familien, von denen die Gerüchte ausgingen, konnten dann ihren Platz einnehmen.“

Doris Marszk
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