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Einblick in die Geschichte von Mensch & Mieze

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Einblick in die Geschichte von Mensch & Mieze
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Eine alte - ungewöhnliche Freundschaft. (Foto: michellegibson/iStock)
Mit Jäger-Qualitäten, Anmut und Charme haben sich die Katzen im Lauf der Geschichte einen festen Platz in der menschlichen Gesellschaft erschlichen. Doch wie genau lief diese erstaunliche Erfolgskarriere der eigensinnigen Räuber ab? Dieser Frage sind Forscher nun durch genetische Analysen der Überreste von Katzen aus den letzten 9000 Jahre nachgegangen. Sie konnten unter anderem zeigen, dass zwei Haupt-Abstammungslinien zu unserer heutigen Hauskatze führten und dass der Mensch erst im Mittelalter begann, die Schönheitsmerkmale der Katze durch Zucht zu beeinflussen.

Grundsätzlich geht man davon aus, dass die Freundschaft zwischen Mensch und Katze im Zuge der Entwicklung der Landwirtschaft vor etwa 10.000 Jahren begann. Vermutlich suchten Falbkatzen ( Felis silvestris lybica) zunehmend die Nähe der Menschen, um die Nager zu jagen, die sich an deren Vorräten zu schaffen machten. Den Bauern war diese Schädlingsbekämpfung natürlich ein willkommener Dienst und so lernten sie die Samtpfoten schätzen. Mit der Zeit wurde das Verhältnis dann wohl immer enger und vertrauter, so dass sich die Katze langsam von einem Wildtier zu einem Haustier des Menschen entwickelte. Historische Quellen und Funde untermauern diese Annahmen – doch zur Katze-Mensch-Geschichte gibt es noch immer viele offene Fragen.

Zwei Wellen

Um mehr Einblicke zu gewinnen, ist ein internationales Forscherteam der Geschichte nun mittels genetischen Analysen nachgegangen: Sie untersuchten und verglichen fossile DNA aus den Überresten von rund 230 Katzen verschiedener Regionen, die in einem Zeitraum von 10.000 Jahren bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelebt haben. Es handelte sich beispielsweise um 9000 Jahre alte Exemplare aus dem Vorderen Orient, mumifizierte Miezen aus Ägypten und sogar um Katzen der Wikinger.

Grundsätzlich bestätigten die Ergebnisse: Die Hauskatze ist tatsächlich aus der Falbkatze hervorgegangen. Doch zu ihrer großen Überraschung entdeckten die Forscher nicht nur eine, sondern zwei Wellen der Domestikation: Die erste entwickelte sich zu Beginn des neolithischen Zeitalters vor 5000 bis 6000 Jahren. In dieser Zeit zeichnet sich eine erste Ausbreitung der Katze ausgehend vom Vorderen Orient ab. Fraglich bleibt allerdings: Folgten die Katzen nur den Populationen der Bauern vom fruchtbaren Halbmond aus oder nahmen die Menschen sie aktiv mit sich? „Möglicherweise gab es ein bisschen von beiden“, schreiben die Forscher.

Die zweite Welle breitete sich dann im Laufe der Antike aus: Vor allem zur Zeit des römischen Reiches machten die Falbkatzen Karriere, mit denen sich ursprünglich die Ägypter angefreundet hatten. Die Römer schätzten diese ägyptischen Katzen auf ihren Schiffen: Sie hielten die Mäuse und Ratten in Schach, die sich am Proviant zu schaffen machten. Diese Tradition hielt sich anschließend lange – sogar die Wikinger hielten noch Nachfahren der ägyptischen Linie der Katzen. Letztlich vermischten sich diese Tiere dann aber mit den Linien der ersten Ausbreitungswelle und bildeten schließlich die Vorfahren unserer heutigen Stubentiger.

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Zuchtauswahl kam spät

Die gezielte Zucht von Katzen nach äußerlichen Merkmalen geht den Ergebnissen der Forscher zufolge allerdings erst auf das Mittelalter zurück. Die Überreste von Katzen dieser Zeit weisen erstmals Genvarianten auf, die ihnen bestimmte Fellzeichnungen und Merkmale gaben, die bei der Wildkatze nicht vorkommen. In dieser Zeit nahm offenbar die Bedeutung der Katze als Gesellschafter des Menschen zu und man begann, ihr Aussehen zu beeinflussen. „Im Gegensatz zu anderen Haustieren wie beispielsweise dem Hund, sind die Hauskatzen dennoch genetisch sehr nah an den Wildkatzen geblieben“, schreiben die Autoren. Das liegt wohl daran, dass sie für ihre zunächst wichtigste Leistung als Nagetierjäger keine Zuchtauswahl benötigen.

Letztlich bleibt deshalb sogar fraglich, ob man überhaupt von einer wirklichen Domestikation dieser Tierart sprechen kann. Katzen haben sich im Vergleich zu anderen Haustieren viele wilde Aspekte bewahrt und auch ihr Charakter als Einzelgänger prägt sie nach wie vor: Sie sind eigensinnig, vergleichsweise unabhängig und akzeptieren keine Herren, höchstens Freunde. Genau dieses selbstbewusste Charisma schätzen wiederum viele Katzenliebhaber an ihren Stubentigern. Am Ende kann man sich sogar fragen: Hat sich der Mensch die Katze domestiziert – oder war es eher umgekehrt?

Originalarbeit der Forscher: Nature, doi:10.1038/s41559-017-0139

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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