Viele Studien haben bereits dokumentiert, dass sich emotionale Stimmungen beim persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen und so in Gruppen ausbreiten können. In unserer digitalisierten Welt verschieben sich die Verbindungen der Menschen allerdings zunehmend auf die Ebene von sozialen Netzwerken wie Facebook. Die Forscher um James Fowler von der University of California in San Diego sind nun der Frage nachgegangen, ob sich auch in Facebook Muster der Ausbreitung von Stimmungen widerspiegeln – sind Launen also auch in der digitalen Welt ansteckend?
Um dieser Frage nachzugehen, werteten die Forscher mit einer automatisierten Textanalyse-Software anonymisierte Äußerungen auf Facebook aus. Sie betonen, dass sie dabei weder Namen noch die konkreten Aussagen erfassten. Die Software griff nur in abstrakter Weise Zeichen der emotionalen Stimmung in den Texten auf. Es handelte sich um die Bemerkungen von insgesamt 100 Millionen Facebook-Nutzern der 100 bevölkerungsreichsten Städte der USA im Zeitraum von 2009 bis 2012.
Ansteckende Regenwetter-Laune
Um herauszufinden, ob sich eine Stimmung ausbreiten kann, fokussierten die Forscher ihre Untersuchungen auf einen speziellen Faktor: das Wetter. Es ist bekannt, dass graues Regenwetter vielen Menschen auf die Stimmung schlägt. Diese trübe Laune spiegelt sich dann auch in ihren Bemerkungen auf Facebook wieder. Das konnten die Forscher mit ihrer Methode erfassen und mit dem jeweiligen Wetterbericht in den unterschiedlichen Städten der USA abgleichen. Um bei ihrer Suche nach Ansteckungseffekten auszuschließen, dass es sich um einen generellen Effekt des schlechten Wetters handelt, verglichen die Forscher immer nur die Äußerungen von Menschen aus Städten mit zum Untersuchungszeitpunkt unterschiedlicher Wetterlage.
Es zeigte sich: Die durch das Regenwetter verdüsterten Facebook-Äußerungen trübten auch die Laune der Menschen, die diese lasen und so produzierten sie anschließend ebenfalls eher negativ geladene Texte. Die Regenwetter-Laune machte also im Netzwerk die Runde, obwohl bei bei vielen Teilnehmern die Sonne schien. Trübe Äußerungen eines Facebookers im verregneten New York können also auch den Bemerkungen von Nutzern im sonnigen Florida eine graue Note verpassen. Dabei bleibt der negative Touch keineswegs auf Bemerkungen über das Wetter beschränkt, betonen die Forscher. Dieses Thema haben sie nämlich aus ihren Auswertungen gezielt ausgeschlossen.
Der Effekt, den die Forscher mit ihrem Forschungsansatz erfassen konnten, sei zwar gering, dokumentiere aber eindeutig das Prinzip der emotionalen Ansteckung im sozialen Netzwerk. „Es ist möglich, dass der Effekt noch weit stärker ist als wir gemessen haben“, betont Fowler. „Für unsere Analysen mussten wir die Bemerkungen von Facebook-Nutzern, die in der gleichen Stadt leben, ausschließen. Aber wahrscheinlich wäre der Grad der Ansteckung gerade unter ihnen besonders hoch“.
Die Forscher messen ihren Ergebnissen eine große gesellschaftliche Bedeutung bei, denn sie dokumentieren generell, wie sich Stimmungen online ausbreiten. Solche Effekte können sich demzufolge auf viele Themenbereiche auswirken: von persönlichen Befindlichkeiten über die Finanzmärkte bis hin zur Politik. Die Untersuchung der Effekte in sozialen Netzwerken sei deshalb ein enorm wichtiges Forschungsgebiet, sind Fowler und seine Kollegen überzeugt.