Weniger Feuer in der Beziehung
Allerdings scheint es auch eine Kehrseite dieser Entwicklung zu geben, führen die Soziologen aus: Frühere Studien hätten bereits darauf hingedeutet, dass trotz der ganzen Vorteile einer Beziehung auf Augenhöhe das Sexleben leidet. Gleichberechtigte Partner haben demnach mit einer größeren Wahrscheinlichkeit Probleme im Bett als Paare mit einer klassischeren Rollenaufteilung. Vor allem ein Nachlassen von Lust und Leidenschaft wird als Grund dafür angegeben.
Ist es also trotz des gesellschaftlichen Wandels nach wie vor das typisch weibliche und typisch männliche Verhalten, das die Geschlechterrollen bestimmt und damit auch die sexuellen Kontakte strukturiert? Um diese etwas gewagt klingende These zu prüfen, analysierten Kornrich und seine Kollegen die Daten von mehr als 4.500 Paaren aus den USA, die an einer großen Erhebung zum Thema Familie und Haushalt teilgenommen hatten. Ihr Augenmerk lag dabei auf der Aufteilung der anfallenden Arbeiten im Haushalt, lediglich das Kinderhüten war ausgenommen. Sie unterschieden zwischen klassisch weiblichen Aufgaben wie Einkaufen, Kochen und Putzen und typisch männlichen Tätigkeiten wie Gartenarbeit, sich ums Auto kümmern und Rechnungen bezahlen.
Insgesamt verbrachten die Paare im Durchschnitt 34 Stunden pro Woche mit den weiblichen und zusätzlich 17 Stunden pro Woche mit den männlichen Aufgaben, zeigte die Auswertung. Die Männer übernahmen dabei durchschnittlich etwa die Hälfte der männlichen Tätigkeiten, aber nur knapp ein Fünftel der weiblichen. Frauen leisten also nach wie vor den Löwenanteil der Hausarbeit, und sie helfen ihren Männern häufiger bei deren Aufgaben, als diese umgekehrt ihnen zur Hand gehen, resümiert das Team.
Auto, Garten und Geld als Rezept für häufigeren Sex?
Die für sie interessanteste Frage war jedoch, ob es einen Zusammenhang zwischen der Aufgabenverteilung und der Häufigkeit der sexuellen Aktivitäten gab. Tatsächlich fand sich eine klare statistische Korrelation: War die Aufgabenteilung klassisch – kümmerten sich die Männer also praktisch ausschließlich um Garten, Auto und Geld hatten die Paare im Durchschnitt 1,6 Mal so häufig Sex wie Paare mit einer gerechteren Arbeitsteilung. Dass diese Korrelation auf andere Einflussfaktoren zurückgeht, glauben die Soziologen nicht. Sie hätten verschiedene Varianten durchgerechnet und keinerlei Effekt nachweisen können, berichten sie. So sei es beispielsweise ausgeschlossen, dass die Männer in traditionelleren Ehen ihre Frauen zum Sex drängten. Wenn das nämlich der Fall wäre, dürfte die Zufriedenheit mit dem Sexualleben in solchen Familien nicht ebenso hoch sein wie in anderen.
Man müsse daraus schließen, dass das Verhalten im privaten Umfeld tatsächlich noch immer stark dazu beiträgt, die Geschlechterrollen zu definieren und dass die klassische Variante eine größere Anziehungskraft auf das jeweils andere Geschlecht hat als ein weniger scharf abgegrenztes Geschlechterbild. Die Frage, welches Fazit man nun aus dieser Studie ziehen soll, bleibt allerdings weitgehend unbeantwortet. Zudem stammen die Daten aus den USA, wo zum Teil gänzlich andere gesellschaftliche Normen und Werte herrschen als hierzulande. Inwieweit die Schlussfolgerungen also auf Deutschland übertragbar sind, ist völlig unklar.
Kornrich selbst warnt die Männer übrigens davor, aus der Studie den Schluss zu ziehen, dass sie besser gar nicht mehr im Haushalt helfen sie riskierten damit nämlich, das Konfliktpotenzial so stark anzuheben, dass es überhaupt keinen Sex mehr gebe.