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Freundeskreise: Wir sind der limitierende Faktor

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Freundeskreise: Wir sind der limitierende Faktor
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Auch in Online-Netzwerken ist die Zahl unserer Freundschaften begrenzt (Illustration: Peter Chernaev/ iStock)
Das Internet schafft heute ganz neue Möglichkeiten, mit Menschen in der ganzen Welt zu kommunizieren. Unsere virtuellen Freundeskreise sind daher längst nicht mehr auf unser Umfeld beschränkt. Aber haben wir deshalb auch mehr Freunde? Haben Facebook und Co den Umfang und die Natur unserer Freundeskreise verändert? Nein, sagt ein britischer Forscher. Denn er hat festgestellt, dass nicht die äußeren Umstände, sondern Faktoren in uns selbst begrenzen, wie viele Freundschaften wir pflegen können.

Im wahren Leben folgen unsere Freundschaften einem ganz typischen Muster, wie Studien zeigen. „Die sozialen Netzwerke von Menschen und Menschenaffen sind in einer Reihe von charakteristischen, hierarchisch gegliederten Schichten geprägt“, erklärt Robin Dunbar von der University of Oxford. Diese Struktur ähnelt einem System aus konzentrischen, ineinander geschachtelten Kreisen. Dazu gehören etwa drei bis fünf enge Freunde, mit denen wir häufig Kontakt haben und auch sehr persönliche Dinge teilen. Auf diese folgen etwa 15 weitere Freunde, die uns noch nahestehen, aber denen wir schon weniger Zeit widmen. Noch weiter außen stehen Menschen, mit denen uns eine eher lose Freundschaft verbindet, von diesen können wir bis zu 150 haben. Diese sind umgeben von bis zu 1500 Bekannten – Menschen, denen wir im Alltag ab und zu begegnen und sie daher kennen, denen wir weder viel Zeit noch viel Aufmerksamkeit widmen. Für diese typische Struktur gibt es gute Gründe, wie Dunbar erklärt: „Wir können nur mit einer begrenzten Anzahl von Menschen gleichzeitig interagieren“, so der Forscher. Mehr kann weder unser Gehirn leisten noch haben wir genügend Zeit dafür.

Aber gelten diese Beschränkungen auch für die Freundeskreise und Strukturen der sozialen Netze im Internet? In seiner Studie hat Dunbar dies nun überprüft. Im Unterschied zu vielen vorhergehenden Untersuchungen zu sozialen Netzwerken nutze er dabei nicht nur Studenten und damit sehr junge Menschen als Probanden, sondern Erwachsene aller Altersgruppen. Insgesamt befragte er fast 4.000 Teilnehmer zu ihren virtuellen Freundeskreisen und wertete die Zahl und Intensität ihrer Kontakte aus.

Bei 150 ist meist Schluss

Das Ergebnis:  „Die Daten zeigen, dass die Größe und die Reichweite der Online-Freundeskreise der Struktur der Offline-Freundeskreise stark ähnelt“, sagt Dunbar. „Sowohl die ineinander geschachtelte Struktur der beiden inneren Kreise als auch die typische Frequenz der Interaktionen finden sich in den Online Umgebungen.“ Wie sich zeigte, besaßen die meisten Probanden drei bis vier enge Online-Freunde, mit denen sie sich regelmäßig austauschten. Der Forscher bezeichnet sie als die Unterstützer-Clique. Auf diese folgte eine Sympathie-Gruppe aus gut elf weiteren Kontakten. Die durchschnittliche Zahl der Freunde im sozialen Netzwerk lag in seiner Studie bei rund 150 – der gleichen Zahl, die auch im echten Leben das Maximum für die inneren drei Schichten des sozialen Netzwerks darstellen. „Selbst bei den Teilnehmern, die ungewöhnlich große Online-Freundeskreise besaßen, stieg die Zahl dieser Freunde nicht an, sie hatten nur einfach einen größeren Kreis von losen Bekannten“, erklärt Dunbar.

Nach Ansicht des Forschers belegt dies, dass auch die scheinbar so unbegrenzten Möglichkeiten des Internets unsere eigenen sozialen Beschränkungen nicht ausgleichen oder überwinden. Zwar könnten wir rein technisch gesehen online viel mehr enge Freundschaften haben, aber wir selbst schaffen schlicht nicht mehr. „Selbst in einer Online-Umgebung bleiben unsere Aufmerksamkeit und unsere kognitiven Fähigkeiten in dieser Hinsicht begrenzt“, so Dunbar. Es gibt offenbar eine in unserem Gehirn verankerte kognitive Grenze für die Größe von Freundeskreisen, die selbst alle Vorteile der Online-Medien nicht überschreiten können. Und auch die Zeit, die wir für die sozialen Interaktionen im Netzwerk aufbringen können, stellt eine natürliche Grenze dar. Trotz aller technischer Fortschritte hat sich in puncto Freundschaften daher das Grundsätzliche wenig geändert. Nur die Wege des Austauschs haben sich erweitert.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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