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Herzlichen Glückwunsch, Francis!

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Herzlichen Glückwunsch, Francis!
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Der Molekularbiologe Francis Crick, 1916 bis 2004 (Foto: Siegel RM, Callaway EM (2004) Francis Crick's Legacy for Neuroscience: Between the α and the Ω. PLoS Biol 2(12): e419. doi:10.1371/journal.pbio.0020419)
1916 kam in England der später weltberühmte Molekularbiologe und Hirnforscher Francis Crick zur Welt. Aus diesem Anlass fand am 16. Mai ein Treffen von Wissenschaftshistorikern, Genforschern und Neurophilosophen statt. Man wollte Crick feiern. „Celebrating Francis“ – so hieß das Fest, zum dem die Cold Spring Harbor Laboratories auf Long Island, New York, geladen hatten. Sich großer Wissenschaftler feierlich zu erinnern – in den USA oder Großbritannien keine außergewöhnliche Sache. In Deutschland hingegen sind solche Ehrungen Mangelware. Obwohl sie doch wichtige Denkanstöße geben.

Wer sich im Wissenschaftsbetrieb umsieht, wird merken, dass man in angelsächsischen Ländern mehr Augenmerk auf die Menschen legt, die zum Forschungsbetrieb beitragen. Die einzige Biografie des großen deutschen Biologen August Weismann stammt aus amerikanischer Feder. Die einzige Lebensbeschreibung des deutschen Physikers Max Born hat ebenfalls eine Amerikanerin verfasst. Mit solchen Beispielen könnte man unentwegt fortfahren. Als 2006 der 100. Geburtstag des aus Berlin stammenden Wegbereiters der Molekularbiologie – gemeint ist der 1969 mit dem Nobelpreis geehrte und 1981 verstorbene Max Delbrück – gefeiert wurde, lud das amerikanische Cold Spring Harbor Laboratorium zu einer Feier ein. Anschließend ließ es sich auch die spanische Universität in Salamanca nicht nehmen, an Delbrück zu erinnern. In Deutschland verehrt man Sportler und Schauspieler, aber keine Wissenschaftler, was schade ist.

Denn: An Personen lässt sich für die Öffentlichkeit viel besser nachzeichnen, welchen Weg eine Wissenschaft im Laufe der Jahre gegangen ist. Besser als an den abstrakten Ideen, die dabei vertreten und verworfen wurden. Beim New Yorker Fest für Francis Crick konnten die Teilnehmer von Zeitzeugen erfahren, wie Crick die Molekularbiologie seiner Zeit vorantrieb und was ihn selbst antrieb.

Frei erfunden

Crick war knapp 30 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, in dessen Verlauf er weniger mit dem Leben und mehr mit dem Töten zu tun hatte: Er konstruierte erfolgreich Minensucher und anderes Militärgerät. 1946 bot man ihm eine Lebenszeitstelle in der britischen Armee an. Doch Francis wollte etwas anderes unternehmen, nämlich den riskanten Versuch, die elementaren Fähigkeiten des Lebens zu erklären. Als er 1953 zusammen mit James Watson die Doppelhelix als Modell für die Erbsubstanz DNA vorschlug, war dies für eine zentrale Eigenschaft des Lebens – die Teilung in zwei – gelungen.

Bei der Tagung in Cold Spring Harbor enthüllte der 88-jährige James Watson, der 1953 zusammen mit Crick die Doppelhelix als Modell der Gene aus der Taufe hob, ein bislang gut gehütetes Geheimnis. In seinem 1968 erschienenen autobiografischen Bericht über „Die Doppelhelix“ legte er Crick folgende Worte in den Mund: „Wir haben das Geheimnis des Lebens gelüftet.“ Die Aussage sei frei erfunden, so Watson. Crick habe das Zitat zwar moniert, aber später stehen gelassen.

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Eher mäßig

Der Brite spielte in den 1960er-Jahren die führende Rolle in der Entwicklung der Molekularbiologie, bevor er sich dann ab den 1980er-Jahren bis zu seinem Tod 2004 dem wahrhaft geheimnisvollen Organ des Menschen, dem Gehirn, zuwandte. Unter den Lebenswissenschaftlern ist die Verehrung von Crick so groß, dass man einfach nicht damit rechnet, dass seinem Gehirn etwas entspringen könnte, das wissenschaftlich daneben liegt. Doch die „erstaunliche Hypothese“, die Crick in seinem Buch über das Gehirn aufstellt – sämtliche Leistungen ließen sich durch molekulare Wechselwirkungen erklären –, wertete die Fachwelt als wenig hilfreich und eher mäßig erfolgreich.

Er war nicht der einzige und erste, der sich auch einmal irrte. Zum Vergleich: Hermann von Helmholtz vertrat im 19. Jahrhundert die Meinung, dass sich alles materielle und lebendige Geschehen auf das Zusammenstoßen von Atomen zurückführen lasse, wobei Helmholtz in diesen Elementargebilden kleine Kügelchen vermutete. Dieser Gedanke löste sich auf, als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Quantenphysik kam und eine andere Realität der Atome vorführte.

Trotzdem verehrungswürdig

Und wie steht es um das Modell der Doppelhelix? Im Grunde macht die Struktur der Gene den Vorgang der Zellteilung nicht besonders begreiflich, wie ein Blick auf die Lehrbücher zeigt, die auf mehr als 1000 Seiten alle Details anführen, die allein bei der Replikation der DNA zusammenkommen müssen. Der berühmte Satz aus der Arbeit von Watson und Crick aus dem Jahre 1953, in dem es heißt, die Doppelhelix ließe unmittelbar erkennen, wie das Erbmaterial verdoppelt wird, hat mehr poetische Qualitäten als wissenschaftliche Bedeutung.

Aber gerade das macht Crick vielleicht so verehrungswürdig. Er hat sich nicht gescheut, auf elegante Weise riskante Behauptungen von sich zu geben, mit denen man sich auch blamieren konnte. Das gehört zur Wissenschaft, wenn sie weiterkommen will. „In großen Dingen gewollt zu haben, ist genug“, habe ich früher auf der Schule gelernt. Crick hat immer gewollt, und er hat immer mehr gewollt, sogar noch auf seinem Totenbett. Man kann ihn gar nicht genug feiern.

© wissenschaft.de – Ernst Peter Fischer
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