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Gottfried Wilhelm Leibniz: Das letzte Universalgenie

Geschichte|Archäologie Kommentare

Gottfried Wilhelm Leibniz: Das letzte Universalgenie
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Gottfried Wilhelm Leibniz, 1646 bis 1716 (Bild: ZU_09/iStock)
Am 14. November 1716 – also vor 300 Jahren – starb der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz, den man immer wieder gerne als den letzten Universalgelehrten bezeichnet hat, weil er das gesamte Wissen seiner Zeit überblickt habe. Leibniz wurde 1646 in Leipzig geboren und war am Ende seines Lebens in Hannover zu finden. Zwischen den beiden Stationen hat Leibniz rastlos die europäische Welt bereist. Seine Touren haben ihn unter anderem nach Paris, Venedig, London, Den Haag, Berlin, Wien, Florenz und Prag geführt. Dabei war sein Kopf ebenso rastlos in Bewegung wie der Körper – und immer auf der Suche.

Von Leibniz sind viele große Sprüche überliefert. Zum Beispiel “die Natur macht keine Sprünge”. Die Menschen leben in “der besten aller möglichen Welten”, die sich wiederum in einer “prästabilierten Harmonie” befindet, weil sie in der Sicht des großen Gelehrten aus Monaden besteht, die man sich als einfachste Substanzen oder substantielle Atome vorstellen kann – je nachdem, was man will. Neben den großen Thesen wird kaum über das gesprochen, was Leibniz wohl am besten konnte: Mathematik. Er hatte ein Faible für Zahlen in ihrer dualen Darstellung, wie sie heute in der digitalisierten Welt zumindest in den Computern erstaunliche Blüten treibt. Leibniz zeigte sich besonders darüber begeistert, dass die im Zehnersystem als sieben bekannte Zahl den Tag angibt, an dem der Herr nach seiner Schöpfung ruhte. Im Dualsystem lässt sie sich durch das Tripel 111 notieren. In dieser Formel gibt sich die christliche Trinität zu erkennen.

Leibniz beherrschte das Rechnen und die Zahlen meisterlich und glaubte an die völlige Berechenbarkeit der Welt mit ihrer Hilfe. Er hat sogar vorgeschlagen, ausgehend von Zahlen ein universales Zeichensystem zu entwickeln, das es den Menschen ersparen würde, sich den Kopf über Fragen zu zerbrechen, ohne eine Antwort zu bekommen. Leibniz meinte nämlich, “wenn jemand an dem, was ich [in einer Debatte] vorgebracht haben würde, zweifelte, würde ich ihm sagen: ‘Rechnen wir, mein Herr!'” Dazu zwei Anmerkungen: Zum einen weiß die wissenschaftliche Welt inzwischen – seit dem 20. Jahrhundert aber erst –, dass sich der große Gelehrte da vertan hat und die Welt keineswegs so berechenbar ist, wie es viele Soziologen meinen – und die zahlreichen Computer in der Hand und auf dem Tisch scheinbar unwiderlegbar nahezulegen scheinen. Zum anderen sind für Leibniz Damen als Gesprächspartner fast nie in Frage gekommen, wenn es ums Rechnen ging. Eine Ausnahme war der ausführliche Gedankenaustausch mit der preußischen Kurfürsten Sophie im Schloss Lützenburg (dem späteren Schloss Charlottenburg), wie Biographen berichten.

Kein perfekte Welt, aber annähernd perfekte Menschen

Die Idee der Berechenbarkeit hat Leibniz so gefallen, dass er sie auf den großen Gelehrten im Himmel über den Menschen übertragen hat: “Wenn Gott rechnet und den Gedanken ausführt, entsteht die Welt.” So klärt Leibniz seine grundlegende Frage, warum Etwas ist und nicht Nichts. Deshalb war es dem Autor möglich diese Zeilen zu schreiben: “Wir Menschen sind, weil Gott mit uns rechnet.” Ein schöner Gedanke, über den viele Zeitgenossen von Leibniz gespottet haben. Menschen lebten in der “besten aller möglichen Welten”, was doch Unsinn sein muss angesichts der Not und des Unglücks in der Welt. Leibniz verteidigte sich mit dem Hinweis, dass Gott keine vollkommene Welt geschaffen habe, keine perfectio” , wohl aber die Menschen über die ihnen mit auf den Lebensweg gegebene Fähigkeit, eine perfectibilitas”, verfügten, die beste aller möglichen Welten zu schaffen.

Was Leibniz vorgelebt hat, kann man das Leben eines optimistischen Gelehrten nennen. Er hat das Wort “Optimist” zu diesem Zweck geprägt. Es bezeichnet die Eigenschaft, die nach dem Philosophen Karl Popper zum Wesen der Wissenschaft gehört. Wer forscht, ist optimistisch, eine Lösung zu finden. Leibniz hatte sich mit den größten Problemen herumgeschlagen, die in der Mathematik auftauchen, wenn das Unendliche angesprochen wird – und zwar das unendlich Große ebenso wie das unendlich Kleine. Kann die Summe von unendlich vielen Zahlen endlich bleiben? Das wollte Leibniz zum Beispiel wissen und freute sich, hier ein “Ja” anbieten zu können. Und kann man etwas unendlich klein – infinitesimal – werden lassen und trotzdem mit ihm rechnen? Auch hier konnte Leibniz mit einem “Ja” auftrumpfen, und wenn man heute auch kaum noch von seinen merkwürdigen Monaden spricht, so hat das Infinitesimale die moderne Welt ermöglicht. “Rechnen wir, mein Herr!” Mit dem Infinitesimalen kann man der Aufforderung höchst genau nachkommen, und dabei entsteht die Welt von heute – auch ohne den lieben Gott.

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© wissenschaft.de – Ernst Peter Fischer
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