Referenzmaße legen unterschiedlich viel zu
„Per Definition ist dieser Metallzylinder die Referenz – es ist eigentlich unwichtig, wie viel er wiegt, solange wir alle nach dem exakt gleichen Standard arbeiten“, erklärt Studienleiter Peter Cumpson von der Newcastle University. Aber genau das ist das Problem. Denn für den praktischen Gebrauch wurden 1984 insgesamt 40 offizielle Kopien des Kilogramm-Prototyps hergestellt, die als Referenzen in verschiedenen Ländern aufbewahrt werden. Zwar nehmen sowohl das Original als auch diese Kopien zu, allerdings in unterschiedlichem Maße. Dadurch weichen sie mittlerweile voneinander ab, wie die Forscher im Fachmagazin „Metrologia“ berichten.
Kohlenstoffhaltige Verunreinigungen haben sich im Laufe der Zeit auf der Platin-Iridium-Oberfläche der Zylinder abgesetzt und so das Gewicht der Referenzmaße erhöht. „Wir reden hier nur über winzige Veränderungen – weniger als 100 Mikrogramm -, aber die Masse ist eine so fundamentale Einheit, dass selbst dieser kleine Unterschied schwerwiegende Folgen haben kann“, sagt Cumpson. Denn vor allem bei sehr wertvollen Rohstoffen zähle im internationalen Handel jedes Mikrogramm.
UV-Dusche gegen Ablagerungen
Die britischen Forscher haben nun eine Methode getestet, mit der die Ablagerungen auf den Kilogrammprototypen schonend und ohne Abtragen der Metalloberfläche beseitigt werden könnten. „Wir haben diesen Oberflächen im Prinzip einfach ein Sonnenbad verpasst“, erklären die Forscher. Sie bestrahlten Platin-Iridium-Blöcke, die ähnliche Ablagerungen aufwiesen wie die Kilogrammprototypen, mit einer Mischung aus ultravioletter Strahlung und Ozon. Wie sich zeigte, ließen sich die Beläge durch diese Behandlung leicht entfernen.
Nachgewiesen haben die Wissenschaftler den Erfolg ihrer Strahlen-Diät mit Hilfe der sogenannten Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (X-ray photoelectron spectroscopy, XPS). Bei dieser Methode wird ein Gegenstand mit Röntgenstrahlen beschossen. Dies schlägt Elektronen im Material kurzzeitig aus ihrer Bahn. Aus der Art, wie dies geschieht, können die Forscher auf die genaue Zusammensetzung des Materials schließen – ähnlich wie bei einer Tomografie, nur auf atomarer Ebene.
Auf diese Weise konnten Cumpson und Mitautor Naoko Sano belegen, dass die UV-Dusche die kohlenstoffhaltigen Ablagerungen auf der Platin-Iridium-Oberfläche entfernt hatte – ohne dass Metall mit abgetragen wurde. Nach Ansicht der Forscher könnte sich diese Methode daher dazu eignen, den internationalen Kilogramm-Prototyp und seine Kopien wieder auf ein einheitliches Maß zu bringen.