Mäusemütter haben’s schwer: Sie müssen sich im Allgemeinen allein um ihren Nachwuchs kümmern – ihr Partner zieht sich elegant aus der Affäre. Lediglich unter sehr beengten räumlichen Verhältnissen, wie sie etwa im Laborkäfig herrschen, übernimmt der Herr einen Teil der elterlichen Pflichten, er wärmt die Kleinen beispielsweise und bietet ihnen Schutz. Doch was genau ist es, das bei diesem erzwungenen engen Zusammenleben die väterlichen Instinkte auslöst? Diese Frage hat sich jetzt das Team um Hong-Xiang Liu von der Kanazawa University gestellt und, auf der Suche nach einer Antwort, verschiedene Mäusefamilien untersucht.
Zunächst trennten die Forscher die Väter und Mütter für wenige Minuten von ihren Kleinen. In einigen Fällen blieben die Eltern während dieser Phase zusammen, in anderen wurden sie in getrennten Käfigen untergebracht. Anschließend wurden sie wieder in den Familienkäfig gesetzt. Schnell stellte sich heraus: Bereits wenige Minuten der Trennung reichten bei den Vätern aus, um jegliche Fürsorge gegenüber den eigenen Kindern zu vergessen – vorausgesetzt, die Männchen waren in dieser Zeit allein und in einem sauberen Käfig untergebracht.
Anweisungen per Ultraschall
Blieben sie dagegen während der Trennung mit den Müttern zusammen, kümmerten sie sich nach ihrer Rückkehr vorbildlich um ihren Nachwuchs: Sie trugen ihn zurück ins Nest, buddelten ihn in den kuscheligen Holzspänen ein und leckten ihn fürsorglich ab. Körperlicher Kontakt mit der Mutter war dabei jedoch offensichtlich nicht der entscheidende Auslöser: Selbst wenn die Eltern durch eine Plexiglasscheibe getrennt gewesen waren und sich lediglich hören, riechen und sehen konnten, zeigten die Väter anschließend das fürsorgliche Verhalten.
Was also ist es – hören, sehen oder riechen? Ein wesentlicher Faktor ist offenbar das Hören, zeigten weitere Tests. Denn wenn die Mäusemütter von ihren Kindern getrennt sind, stoßen sie ganz spezielle Ultraschall-Rufe aus. Darauf reagieren die Väter mit dem beobachteten Verhalten, berichten die Wissenschaftler – selbst dann, wenn die Rufe aus dem Lautsprecher kommen und gar kein Weibchen in der Nähe ist.
Doppelte Absicherung durch Duftsignale
Doch das ist offenbar noch nicht die ganze Geschichte. Auch die Nase spielt anscheinend eine wichtige Rolle. Als die Forscher den Mäusemännern nämlich Wachspfropfen in die Ohren stopften, ließen sie sich immer noch zur Fürsorge animieren – wenn sie die Mutter riechen konnten. Zusammenfassend könne man also sagen, dass die Weibchen in einer Notsituation – wenn sie selbst von ihrem Nachwuchs getrennt sind – den Männchen sowohl per Duftmarke als auch per akustischem Signal sagen, was sie zu tun haben, meinen Liu und seine Kollegen.
Diese Ergebnisse werfen nach Ansicht der Forscher ein neues Licht auf das Verständnis von Paarbindungen und elterlichem Verhalten – auch wenn sie aus einer für die Mäuse unnatürlichen Umgebung stammen und bisher nur bei einem einzigen Labormausstamm beobachtet wurden. Als nächstes wollen sie jetzt untersuchen, welche molekularen Mechanismen genau an dem Prozess beteiligt sind und ob die üblichen Verdächtigen unter den sozial wirksamen Hormonen – Oxytocin, Vasopressin und Co – hier eine Rolle spielen.