Spezialisierte Ameisen verrichten ihre Tätigkeiten nicht effizienter als ihre Allround-Kollegen. Demnach kann die Arbeitsteilung nicht mehr als hauptsächlicher Erfolgsfaktor der Insekten angesehen werden. Diese Spezialisierung galt bisher auch bei Ameisen als Garant für effektive Arbeit. Das fand Anna Dornhaus von der Universität von Arizona in durch ihre Arbeit mit der Ameisenart Temnothorax albipennis heraus.
Die Biologin markierte 1.442 Ameisen in elf verschieden großen Kolonien mit unterschiedlichen Farben, um deren
Effizienz bei der Arbeit und ihre Vorlieben für bestimmte Tätigkeiten mit Hilfe einer Videokamera zu untersuchen. Sie verglich die Arbeitsleistung der Insekten in vier verschiedenen Teilaufgaben: den Bruttransport, die Honigsuche, die Fliegensuche und das Steinesammeln. Durch die Videoaufnahmen konnte die Wissenschaftlerin die Vorliebe einer Ameise für eine der vier Tätigkeiten und die durchschnittliche dafür benötigte Zeit protokolieren. Dabei fand sie heraus, dass spezialisierte Ameisen, die mit großer Regelmäßigkeit eine bestimmte Aufgabe den anderen Tätigkeiten vorzogen, ihre Arbeit nicht besser erledigten als vielseitige Arbeiterameisen.
Spezialisierte Ameisen erfüllten ihre Aufgaben insgesamt nicht besser als generalisierte Tiere. Sie arbeiteten unter dem Strich wesentlich länger als die Generalisten, da sie schneller erkennen, dass Arbeit zu verrichten ist. Ihre kurzfristige Arbeitsgeschwindigkeit ist jedoch geringer.
Dornhaus vergleicht diese Verzögerung mit der Hemmschwelle, die bei vielen Menschen vor dem Abwasch steht. Manche spülen lieber häufiger, dafür weniger Teller ab, während andere Individuen mit einer hohen Hemmschwelle lieber abwarten, bis sich das Spülen auch lohnt. Im Endeffekt spülen beide Geschirrspültypen gleich viele Teller ab, nur eben mit unterschiedlicher Frequenz, erläutert die Forscherin.
Ameisen zählen zu den erfolgreichsten Tierarten weltweit. Sie besiedeln sämtliche Gebiete der Erde mit Ausnahme von der Antarktis. Ähnlich wie viele Wespen-, Bienen- und Termitenarten bilden sie soziale Staaten. Die ausgeklügelte Zusammenarbeit innerhalb dieser Insektenstaaten ist äußerst erfolgreich, weswegen staatenbildende Insekten über 75 Prozent der Biomasse der Insekten weltweit ausmachen.
Anna Dornhaus (Universität von Arizona): PLoS Biology, (Online-Vorabveröffentlichung, DOI:10.1371/journal.pbio.0060285). ddp/wissenschaft.de ? Stefan Pröll