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Nächtlicher „Fisch-Gesang“ erforscht

Erde|Umwelt

Nächtlicher „Fisch-Gesang“ erforscht
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Ein ausgesprochen lauter Gesell: der Bootsmannfisch. (Credit: Margaret Marchaterre and Andrew Bass, Cornell University)
Von wegen stumm wie ein Fisch: Mit einem lautstarken „Hmmm…“ summen sich Bootsmannfische in die Herzen ihrer „Damen“. Warum die fischigen Sänger nur nachts ihre Stimme erheben, haben Forscher nun aufgedeckt. Ein berühmtes Hormon sorgt offenbar für die Summ-Laune in der Dunkelheit: Melatonin, das beim Menschen als das Schlaf-Hormon bekannt ist.

Im Reich Poseidons wird heftig gequietscht, gequakt und gequasselt: Viele Fischarten verschaffen sich unter Wasser auf unterschiedliche Weise Gehör. Die männlichen Bootsmannfische (Porichthys notatus) der Pazifikküste Nordamerikas sind dabei für einen nächtlichen Summton berühmt-berüchtigt: In den frühen 1980er Jahren ließ ein mysteriöses Geräusch nachts Hausboote in Kalifornien erbeben. „Die Bewohner vermuteten sogar geheime Experiment der Marine als Ursache“, berichtet  Andrew Bass von der Cornell University. „Es stellte sich heraus, dass ihre Hausboote durch die Liebeslieder der Fische in Resonanz geraten waren“.

Ein stimmgewaltiger Fisch! (Credit: Margaret Marchaterre and Andrew Bass, Cornell University)

Was regelt die Zeit zum „Singen“?

Die bis zu 38 Zentimeter langen männlichen Bootsmannfische locken durch das Summen Weibchen zum Laichen in ihre Nester, die sie aus kleinen Steinen am Grund anlegen. Sie zeigen beim Singen erstaunliche Ausdauer: Bis zu zwei Stunden lang erzeugen sie das ohrenbetäubende Summen ununterbrochen. Bass und seine Kollegen beschäftigen sich schon seit einiger Zeit mit den stimmgewaltigen Fischen und haben bereits Kurioses aufgedeckt: Um ihr eigenes Gehör beim Summen vor Hörschäden zu schützen, schalten die Bootsmannfische sich durch einen speziellen Mechanismus vorübergehend selbst „taub“. Nun haben die Meeresbiologen dem Bootsmannfisch erneut eine Studie gewidmet. Dabei stand die Frage im Zentrum: Welcher Mechanismus vermittelt den Tieren, dass es Zeit zu ihrem nächtlichen Summen ist?

Um ihr nachzugehen, setzten sie einige Versuchs-Fische im Labor unterschiedlichen Bedingungen aus – und hörten ihnen zu. Es zeigte sich: Wenn die Fische bei konstantem Licht gehalten wurden, summten sie nicht mehr. War es hingegen andauernd dunkel, behielten die Tiere ihren gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus beim Singen bei. Offenbar basiert das Zeitgefühl der Fische auf einer inneren Uhr und einem unterdrückenden Effekt von Licht, schließen die Forscher. Als dafür verantwortlicher Botenstoff kam Melatonin in Frage, dessen Bildung bei anderen Lebewesen bekanntermaßen von Licht unterdrückt wird und nächtliche Verhaltensweisen auslöst.

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„Schlafhormon“ lässt Fische singen

Um dieser Spur nachzugehen, verabreichten die Forscher einigen Fischen bei Dauerlicht-Bedingungen einen Dosis Melatonin. Ergebnis: Das Hormon hob die unterdrückende Wirkung des Lichts auf – die Fische sangen auch im Dauerlicht. Durch neuronale Untersuchungen fanden die Forscher Hinweise darauf, dass das Melatonin direkt auf Hirnbereiche der Fische wirkt, die für das lautstarke Verhalten verantwortlich sind.

Die Ergebnisse zeigen die bemerkenswerte Vielseitigkeit von Melatonin im Rahmen der zeitlichen Steuerung von biologischen Funktionen, sagen die Forscher. Interessanterweise hat das Hormon bei den Fischen in gewisser Weise die gegenteilige Wirkung wie bei tagaktiven Vögeln: Bei ihnen unterdrückt Melatonin nachts das Zwitschern – die Fische regt es hingegen zum Summen in der Dunkelheit an. Die Forscher wollen nun die neuronale Wirkung des Hormons im Gehirn der Fische noch genauer untersuchen. Sie hoffen außerdem, dass ihre Ergebnisse auch andere Forschergruppen inspirieren könnten, der Funktion von Melatonin im Rahmen nächtlicher Verhaltensweisen von Tieren nachzugehen.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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