Bei uns kann man die Mauersegler (Apus apus) durchaus beim Landen beobachten: In ihren Sommerquartieren in Europa bis in den Osten Chinas hinein bauen sie ihre Nester und kümmern sich um den Nachwuchs. Doch schon bald, nachdem die Jungen flügge geworden sind, beginnt im August bereits der Zug in den Süden: Die Reise geht in Gebiete in Afrika südlich der Sahara. Sowohl in den dortigen Winterquartieren als auch in den nördlichen Brutgebieten verbringen die Vögel jeweils nur etwa drei Monate, die restliche Zeit des Jahres sind sie auf dem Weg zum jeweiligen Ziel.
Winzige Flugschreiber auf dem Rücken
Vogelkundler vermuteten bereits, dass Mauersegler einen großen Teil ihres Lebens im Flug verbringen. Wie lange sie aber tatsächlich ohne Landung in der Luft verbringen können, haben nun die Forscher um Anders Hedenström von der Universität Lund erstmals genau dokumentiert. Für ihre Studie rüsteten sie einige Mauersegler mit leichgewichtigen Flugschreibern aus, die sie dazu extra entwickelt haben. Sie verfügten über ein Beschleunigungsmessgerät zur Erfassung des Flugverhaltens sowie über Instrumente zur Geolokalisierung.
Das Flugverhalten von 13 Vögeln konnten die Forscher auf diese Weise erfassen – bei einigen sogar über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg. Es zeigte sich: “Wenn Mauersegler ihre Brutgebiete im August für die Reise nach Afrika verlassen, berühren einige keinen Grund mehr, bis sie für die nächste Brutzeit zehn Monate später zurückkehren”, berichtet Hedenström. “Manche machen zwar kleine Pausen oder rasten für eine Nacht, andere bleiben hingegen ununterbrochen in der Luft.”
Schlafen im Fluge?
Auch von anderen Vogelarten sind zwar monatelange Dauerflüge bekannt – beispielsweise von Fregattvögeln – doch die Ergebnisse bei den Mauersegler stellen nun alle bisherigen Rekorde in den Schatten. “Eine zehnmonatige Flugphase ist die längste bekannte im Vogelreich – ein Rekord”, resümiert Hedenström. “Diese Entdeckung erweitert unser Wissen über die Grenzen der Tierphysiologie”, so der Biologe.
Trotz der hohen Energiekosten im Zusammenhang mit dem Dauerfliegen gilt für Mauersegler auch nicht die Regel: schnell leben – jung sterben. Es handelt sich um ausgesprochen langlebige Vögel. Es gibt dokumentierte Fälle von 20 Jahre alten Exemplaren. “In dieser Zeit haben sie insgesamt eine Flugstrecke zurückgelegt, die sieben Mal der Entfernung zum Mond und zurück entspricht”, sagt Hedenström. Das verdeutlicht, dass es noch viele offene Fragen zu der erstaunlichen Leistungsfähigkeit dieser Vögel gibt.
Unklar ist beispielsweise, wie sie es schaffen, den enormen Energiebedarf für den Flug während der zehn Monate zu decken. Ein weiterer fraglicher Punkt ist der Schlaf. Möglicherweise ruhen sie im Gleitflug, so wie es von den Fregattvögeln bereits bekannt ist. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass die Mauersegler jeden Tag bei Dämmerung zwei bis drei Kilometer hoch aufsteigen. “Vielleicht schlafen sie während des Sinkfluges – wir sind uns darüber aber nicht sicher”, so Hedenström. Er und seine Kollegen wollen den Geheimnissen der Rekord-Vögel nun durch weitere Untersuchungen nachgehen.