Der Feuersalamander (Salamandra salamandra) gehört mit seiner gelbschwarzen Färbung zu den bekanntesten Vertretern der Amphibien in Europa. Doch die prominentenLurche sind stark bedroht: Seit 2010 verbreitet sich eine eingeschleppte Pilzkrankheit von den Niederlanden und Belgien aus immer weiter und tötet in rasantem Tempo Salamander. Der Batrachochytrium salamandrivorans – Salamanderfresser – getaufte Pilz befällt bei Salamandern und Molchen die Haut, verursacht dort Nekrosen und führt nach fortschreitender Lähmung schließlich schnell zum Tod. Bereits 2013 waren durch diese Krankheit viele Feuersalamander-Populationen in den Niederlanden bis auf nur noch vier Prozent ihres ursprünglichen Bestandes geschrumpft. 2014 ergab eine Studie zudem, dass nicht nur Feuersalamander, sondern nahezu alle nordamerikanischen und europäischen Salamander und Molche hochgradig anfällig für den neuen Pilz sind: 41 der 44 getesteten Salamanderarten starben bei Kontakt mit dem Pilz innerhalb kürzester Zeit und zu 100 Prozent.
Warum dieser Pilz so aggressiv ist und sich so schnell verbreitet, dazu liefert nun eine neue Studie von Forschern um An Martel von der Universität Ghent in Belgien wichtige Informationen. Die Forscher hatten den Verlauf der Infektion bei einer Population von Feuersalamandern im belgischen Robertville von Beginn an verfolgt. Zwei Jahre lang überwachten sie den Zustand der Tiere und die Verbreitung der Pilzinfektion. Das erschreckende Ergebnis: „Die Einführung von Batrachochytrium salamandrivorans führt zu einem schnellen Kollaps der Salamanderpopulation – ohne jedes Zeichen einer Erholung der Bestände“, berichten Martel und ihre Kollegen. Innerhalb von nur zehn Tagen steckt sich ein Drittel der Tiere in einem befallenen Gebiet mit dem Pilz an, von den in dieser Zeit erkrankten überleben im Mittel nur 13 Prozent die nächsten zehn Tage, wie die Beobachtungen ergaben. Insgesamt starben bis zum Ende der Studienzeit gut 90 Prozent der Population. Doch auch die zehn Prozent Überlebenden waren nicht vor einer Infektion gefeit: „Die wenigen Salamander, die nach den zwei Jahren noch an der Ausbruchsstelle vorhanden waren, waren noch immer hochanfällig für den Pilz“, so die Forscher. „Steckten sie sich an, lag ihre Todesrate bei 100 Prozent.“
Ein „perfekter Feind“
Infektionsversuche im Labor enthüllten, warum die Salamander gegen diesen Pilz kaum eine Chance haben: Werden sie infiziert, reagiert ihre Immunabwehr so gut wie gar nicht auf den Krankheitserreger. Dadurch können auch Überlebende keine Resistenzen aufbauen – und auch Impfungen würden gegen diesen Feind nichts helfen, wie Martel und ihre Kollegen erklären. Hinzu kommt, dass bereits der Kontakt mit wenigen Pilzsporen ausreicht, um die Salamander tödlich erkranken zu lassen. „Eine experimentelle Ansteckung von Feuersalamandern mit vier verschiedenen Dosen von B. salamandrivorans führte bei allen Tieren zum Tod“, berichten die Forscher. Unglücklicherweise ist die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts in einem befallenen Gebiet extrem hoch: Der Pilz bildet extrem widerstandsfähige und haltbare Sporen, die noch tagelang im Boden überdauern und Salamander anstecken können, wie die Wissenschaftler feststellten. Gleichzeitig können weniger anfällige Salamanderarten wie der Bergmolch als Reservoire dienen: Sie erkranken selbst zwar nicht, infizieren aber ihre Umwelt und jeden Salamander, mit dem sie in Kontakt kommen.
Nach Ansicht der Forscher ist der „Salamanderfresser“-Pilz damit so etwas wie ein „perfekter“ Feind: Er hat eine außergewöhnlich hohe Virulenz, tötet mehr als 90 Prozent seiner Wirte ohne dass diese eine Resistenz gegen ihn entwickeln können und kann zudem noch lange in der Umwelt überleben. Ist ein Gebiet einmal von B. salamandrivorans befallen, gibt es für die dort lebenden Salamander daher so gut wie keine Rettung mehr. „Durch die Kombination dieser Merkmale wird dieser Pilz wie ein perfekter Sturm durch Europa fegen und könnte dabei sehr schnell die hochanfälligen Salamander-Populationen auslöschen“, waren Martel und ihre Kollegen. „Bisher gibt es keine Möglichkeiten, die Verbreitung dieser Pilzkrankheit vor Ort zu stoppen oder sie zu behandeln.“ Noch sei der „Salamanderfresser“ auf ein kleines Gebiet in den Niederlanden und Belgien beschränkt, eine Ausbreitung stehe aber zu befürchten.
Was aber kann man tun? „Momentan sind ex situ-Erhaltungsprogramme die einzige Intervention, die uns zur Verfügung steht“, konstatieren Martel und ihre Kollegen. Sie schlagen vor, ein europäisches Frühwarnsystem einzurichten, um die Ausbreitungsfront des Pilzes zu überwachen. Droht der Befall eines Gebiets, könnte dann wenigstens ein Teil der gefährdeten Salamanderpopulation evakuiert werden. Allerdings: Weil die Pilzsporen so lange in der Natur überdauern, kommt für diese Tiere eine Wiederansiedlung kaum mehr infrage. Um die Ausbreitung zu verhindern, hat die Europäische Union bereits ein Forschungsprojekt lanciert, um rasch wissenschaftliche Grundlagen für die Bekämpfung des „Salamanderfressers“ zu schaffen. Außerdem raten die Forscher, alle Importe von Salamandern und Molchen in die Gebiete auszusetzen, die zurzeit noch pilzfrei sind. Gerade der Handel mit Amphibien gilt als eine der Hauptursachen für den weltweiten Siegeszug verschiedener Amphibienpilze.