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Fledermaus-Echolot versagt an glatten Fassaden

Erde|Umwelt

Fledermaus-Echolot versagt an glatten Fassaden
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Ein Großes Mausohr beim Abheben. (Foto: Stefan Greif)
Gewandt navigieren sie durch die Finsternis und detektieren sogar kleine Beutetiere in der Luft – doch das raffinierte Echoortungs-System der Fledermäuse kann erstaunlicherweise eine bestimmte Art von Hindernis schlecht erfassen: glatte Fassaden. Einer Studie zufolge lenken diese Strukturen die Ultraschalllaute derFledermäuse so ab, dass sie diese nicht mehr hören. sie Erst kurz vor der Wand können ihre Ohren sie wieder empfangen – da kann es aber schon zu spät für ein Ausweichmanöver sein. Dies erklärt nun die häufigen Funde von toten Fledermäusen unter Fassaden von modernen Gebäuden.

Lange hielt man die Orientierungsfähigkeit der Fledermäuse in völliger Finsternis für magisch und teuflisch. Erst im im 18. Jahrhundert entdeckte dann der italienische Wissenschaftler Lazzaro Spallanzani, dass sich die geheimnisvollen Tiere mithilfe des Gehörs orientieren: Als er Fledermäusen die Ohren versiegelte, fielen sie orientierungslos zu Boden. Das genaue Konzept deckten aber erst viel später Schalldetektoren für Hochfrequenztöne auf: Sie machten die für uns unhörbaren Orientierungs-Rufe der Fledermäuse hörbar. So wurde klar: Sie stoßen Schreie aus, deren Echos ihnen ein erstaunlich präzises Bild ihrer Umgebung liefern.

Glatte Fassaden gibt’s in der Natur nicht

Seit einiger Zeit widmen sich auch Biologen vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen der traditionsreichen Fledermausforschung. Auch mit glatten Flächen haben sie sich bereits in einer früheren Studie schon beschäftigt – allerdings mit horizontalen. Sie konnten zeigen, dass Fledermäuse deren Schallbild instinktiv als eine Wasserfläche interpretieren. Andere glatte Flächen kennen sie aus der Natur nicht. Die Verknüpfung mit Wasser ist offenbar so fest verdrahtet, dass sich die Tiere sogar trotz zahlreicher missglückter Versuche immer wieder am Rande einer liegenden Metallplatte niederlassen, um zu trinken.

In einer neuen Studie konnten die Forscher um Stefan Greif nun dokumentieren, wie schwer Fledermäuse senkrechte glatte Flächen wahrnehmen. Sie erkennen sie demnach nicht als Hindernis, sondern interpretieren sie fatalerweise als Loch zum Durchfliegen. Die Ergebnisse basieren auf Versuche mit Großen Mausohren ( Myotis myotis), die durch einen finsteren Versuchsraum flatterten, in dem eine glatte Platte stand. Durch Infrarot-Kameras und Mikrofone konnten die Forscher dokumentieren, dass innerhalb von nur einer Viertelstunde fast alle Versuchstiere mindestens einmal an dieses spezielle Hindernis geknallt waren. In dem Flugraum konnten sie allerdings nicht so schnell fliegen wie in der Natur und kamen deshalb nicht zu Schaden.

Ein vermeintliches Durchflugsloch… und dann knallt’s

Um zu verstehen, warum die Tiere mit der vertikalen Platte kollidierten, analysierten die
Wissenschaftler das Flug- und Echoortungsverhalten der Fledermäuse, wenn diese auf einen Kollisionskurs mit der Platte einschwenkten. Es zeichnete sich ab: Wenn eine Fledermaus auf die Platte zufliegt, werden ihre Echoortungslaute durch die Oberflächeneigenschaften zuerst vom Tier wegreflektiert. Das fehlende Echo erzeugt bei der Fledermaus dann den Eindruck eines Lochs in der Wand. Erst wenn sie sich kurz vor der glatten Fläche befindet, gelangen die Echos wieder in ihre Ohren. Wenn sie also noch im rechten Moment ruft, kann sie die akustische Illusion des offenen Flugwegs enttarnen und ausweichen. Offensichtlich gelingt dies den Tieren aber nicht immer und vor allem nicht, wenn sie rasant unterwegs sind.

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Letztlich haben Fledermäuse somit ein ähnliches Problem mit glatten Fassaden wie Vögel mit durchsichtigen Glasflächen: Sie erkennen diese unnatürlichen Hindernisse oft zu spät. Dies erklärt, warum neben Vögeln auch viele tote Fledermäuse an den für sie problematischen Gebäudeelementen gefunden werden. Die Forscher setzen sich deshalb nun für eine systematische Erfassung verletzter oder toter Fledermäuse ein, damit sich  besser einschätzen lässt, wie viele Tiere bei solchen Kollisionen zu Schaden kommen. Möglicherweise lassen sich dann auch Maßnahmen entwickeln, mit denen Kollisionen zumindest an Gebäuden eingeschränkt werden können, die auf viel beflogenen Zugrouten von Fledermäusen liegen, sagen die Biologen.

Originalarbeit der Forscher:

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