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Der hungrigen Venus ins Maul geschaut

Erde|Umwelt

Der hungrigen Venus ins Maul geschaut
13-09- 04 Venusfliegenfalle.jpg
Credit: Thinkstock
Statt friedlich ihre Blätter in die Sonne zu recken, legt die Venus-Fliegenfalle (Dionaea muscipula) bizarre Klappfallen aus, die blitzartig nach Insekten schnappen. Diese spektakuläre Technik macht sie zur prominentesten Vertreterin der fleischfressenden Pflanzen. Das rabiate Kraut ist vor allem am Stickstoff in den Beuteinsekten interessiert. Den holt sie sich mit einem bislang unbekannten Mechanismus, berichten deutsche Forscher.

Tiere fressen Pflanzen – das ist die Regel, doch es geht auch umgekehrt: Etwa 600 Pflanzenarten aus 18 Gattungen haben den Spieß umgedreht. Mit teils spektakulären Strategien machen diese sogenannten Carnivoren Jagd auf Insekten und andere Beutetiere. Die Venus-Fliegenfalle ist die ungeduldigste unter ihnen – sie will nicht passiv auf Beute warten: Sie schnappt. Das bizarre Gewächs kann durch ihre Zusatzernährung in kargen Moorgebieten Nordamerikas existieren, wo der Boden nur wenig Nährstoffe bietet. Ein Insekt ist für diese Pflanzen also wie eine Art Düngertablette.

 

Dabei geht es Dionaea vor allem um den Hauptnährstoff Stickstoff, der zur Produktion von Proteinen benötigt wird. Normalerweise ziehen ihn Pflanzen in Form von Nitrat und Ammonium aus dem Boden. Die Venus-Fliegenfalle besorgt sich den Stickstoff hingegen anderweitig: Berührt ein Insekt spezielle Sinneshaare auf der Oberfläche ihrer „Fangeisen“, werden elektrische Impulse ausgelöst und die Falle klappt blitzschnell zu. Nun fluten zahlreiche Drüsen das Innere mit einem sauren Saft, der über 50 verschiedene Verdauungsenzyme enthält.

 

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Verdauung nach Venus-Art

 

Die Falle arbeitet als Mund, Magen und Darm zugleich, sagt Rainer Hedrich von der Universität Würzburg. „Die Drüsen, die erst den enzymreichen , sauren Magensaft absondern, nehmen später auch die nährstoffreichen Fleischbestandteile auf. „Ist der Magen leer, öffnet sich der Mund, um bei der nächsten Gelegenheit wieder zuzubeißen“, so Hedrich. Er und seine Kollegen haben nun genau analysiert, was bei dem Verdauungsprozess geschieht. Das Fleisch der Beutetiere wird demnach in seine Eiweißbestandteile, die Aminosäuren, zerlegt. Dabei fiel ihnen auf, dass die Aminosäure Glutamin fehlt, dafür aber das stickstoffhaltige Salz Ammonium auftaucht. Der Grund: „Die Pflanze hat in ihrem Magensaft ein Enzym, das Glutamin zu Glutamat und Ammonium spaltet. Letzteres wird dann von den Drüsen aufgenommen, die zuvor das Verdauungssekret ausgeschüttet haben“, sagt Hedrich. Dass Pflanzen über diesen Weg Ammonium aus tierischem Eiweiß erschließen können, war bislang unbekannt.

Die Forscher wollen sich nun auch weiter der Erforschung der grünen Fallenstellerin widmen, denn es gibt noch viele offene Fragen. Vor allem die Sinneswahrnehmung, das Fangverhalten und die Verwertung der Beutetiere bei der Venus-Fliegenfalle soll im Rahmen des Forschungsprojekts untersucht werden. Auch ihr Erbgut soll Dionaea preisgeben, um die molekularen Prinzipien der Fleischernährung bei Pflanzen aufzuklären. Hedrich und sein Team haben für dieses Projekt einen europäischen Forschungspreis gewonnen. Die finanzielle Förderung soll nun helfen, der wohl bizarrsten Pflanze der Welt ihre Geheimnisse zu entlocken.
 

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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