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Vaterschaftstest beim Quastenflosser

Erde|Umwelt

Vaterschaftstest beim Quastenflosser
13-09-23 Quastenflosser.jpg
Quastenflosser. Bild: Wikipedia, GNU Free Documentation License.
Eine Fischart, die scheinbar Jahrmillionen überdauert hat: Nach seiner Entdeckung im Jahr 1938 avancierte der Quastenflosser zu einer Legende. Da die bizarren Fische nur in tiefen Meereshöhlen vorkommen, blieb ihre Lebensweise geheimnisumwittert – so auch ihr Fortpflanzungsverhalten. Nun ist es deutschen Forschern gelungen, den Nachwuchs trächtiger Quastenflosser-Weibchen genetisch zu untersuchen. Dabei zeigte sich: Anders als bei vielen anderen Fischarten hat die Brut bei den lebendgebärenden Quastenflossern offenbar nur einen Vater. Die Weibchen paaren sich also nicht mit möglichst vielen Männchen, sondern sind vermutlich eher monogam veranlagt.

Versteinerungen zeigen häufig bizarre Fischarten, die längst schon nicht mehr existieren. Das dachte man auch von einer Gruppe fossiler Knochenfische, die seltsame Flossen besaßen, die Beinen ähnelten. Es wurde bereits vermutet, dass Verwandte dieser sogenannten Quastenflosser zu den Vorfahren der Landwirbeltiere gehörten. Im Jahr 1938 folgte dann die Sensation: Vor der afrikanischen Küste war ein Fisch gefangen worden, der exakt aussah wie die fossilen Quastenflosser vor über 300 Millionen Jahren. Anfang dieses Jahres haben Genomanalysen dann gezeigt, dass das Erbgut dieser Fischart tatsächlich extrem langsamen Veränderungsprozessen unterlag. Das erklärt, warum der Quastenflosser sein archaisches Aussehen kaum verändert hat. Vermutlich war das im Lebensraum des seltsamen Fisches auch nicht nötig: Die bis zu zwei Meter langen und 100 Kilogramm schweren Tiere leben in Höhlen in einer Tiefe von 150 bis 400 Metern.

 

Die nun untersuchten Quastenflosser-Weibchen standen kurz davor, ihren Nachwuchs zu gebären. 26 Embryos trug das eine Weibchen, das vor der Küste Mosambiks zufällig in ein Schleppnetz gegangen war, 23 das andere, das unbeabsichtigt von einheimischen Fischern vor Sansibar gefangen wurde. Bei vielen Fischarten findet die Befruchtung der Eier außerhalb des Körpers statt. Die Weibchen legen die Eier ab und anschließend geben die Männchen – das können auch mehrere sein – ihren Samen dazu. Quastenflosser bringen hingegen voll entwickelte junge Fische zur Welt. Laut Schätzungen der Wissenschaftler dauert die Schwangerschaft etwa drei Jahre.

 

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Treue Quastenflosser-Damen

 

Bei ihren genetischen Untersuchungen nutzten die Forscher eine Technik, wie sie auch beim Menschen bei Vaterschaftsnachweisen zum Einsatz kommt: die Mikrosatelliten-Analyse. Mikrosatelliten sind kurze, aus nur wenigen Bausteinen bestehende Abschnitte der DNA, die keine Erbinformationen tragen, aber durch beide Elternteile vererbt werden. „Weil wir den Genotyp der Mutter kennen, konnten wir mit Hilfe der Mikrosatelliten-Analyse eindeutig zeigen, dass der Quastenflosser-Nachwuchs jeweils nur einen einzigen Vater hat”, sagt Manfred Schartl von der Universität Würzburg.

Warum sich die Weibchen jeweils nur mit einem Männchen paaren, ist unklar. Eigentlich würde Partnerwechsel die Chance auf eine erfolgreiche Befruchtung erhöhen: Solches Verhalten sorgt für eine hohe genetische Variabilität beim Nachwuchs und macht es möglich, dass die besten Gene weitergegeben werden. Den Forschern zufolge könnte es allerdings sein, dass im Fall des Quastenflossers die Vorteile einer mehrfachen Paarung die Kosten, die das Weibchen dafür zahlen muss, nicht überwiegen. Denn Partnerwechsel erfordert gesteigerten Energieaufwand und birgt die Gefahr, Fressfeinden zum Opfer zu fallen, und ein erhöhtes Infektionsrisiko.
 

Die Erbgutanalysen der Forscher lieferten auch noch einen weiteren interessanten Hinweis über das Fortpflanzungssystem der berühmten Fische: Möglicherweise vermeiden die Quastenflosser gezielt Inzucht. Vater und Mutter einer Brut waren nicht näher miteinander verwandt als die Mehrzahl von zufälligen Paaren einer Quastenflosser-Population, berichten die Wissenschaftler. Das könnte bedeuten, dass die Weibchen es vermeiden, sich mit nahen Verwandten zu paaren, oder dass andere Merkmale für die Wahl des passenden Partners ausschlaggebend sind, beispielsweise Größe und Körperbau oder die Widerstandskraft gegen Parasiten. 

 

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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