An hydrothermalen Quellen tritt Hitze aus dem Inneren der Erde an die Oberfläche der Erdkruste. Besonders ausgeprägt ist dieser Prozess dort, wo zwei tektonische Platten auseinandertreiben und heißes Gestein aus der Tiefe nachdringt. An solchen Stellen – etwa entlang des Mittelatlantischen Rückens oder des Galapagos-Rückens – entstehen die meisten bekannten hydrothermalen Quellen der Tiefsee: Aufsteigendes Magma erhitzt Wasser im Gestein, welches mehrere hundert Grad heiß aus dem Meeresgrund austritt. Als Wissenschaftler 1977 erstmals auf solche heißen Tiefseeschlote stießen, eröffnete sich ihnen eine völlig neue Lebenswelt. Bis heute gehören die einzigartigen Ökosysteme rund um die hydrothermalen Quellen zu den am wenigsten erforschten der Welt.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Expeditionen zu diesen geheimnisvollen Orten immer wieder überraschende Entdeckungen zu Tage fördern. Auch Pelayo Salinas-de-Léon von der Charles Darwin Research Station auf den Galápagos-Inseln und seine Kollegen haben bei einem Tauchgang in die heiße Tiefe nun einen spannenden Fund gemacht. Die Forscher beobachteten mithilfe von Unterwasserrobotern, was sich rund um ein hydrothermales Feld 45 Kilometer nördlich der Darwin-Insel abspielte – und stießen auf eine seltsame Ansammlung gelblich-brauner Eier. DNA-Analysen offenbarten, wer die Mobiltelefon-großen Gebilde dort abgelegt hatte: ein seltener Tiefseerochen der Art Bathyraja spinosissima.
Natürlicher Brutkasten
Das Besondere: Die Eier schienen nicht wahllos am Meeresgrund deponiert worden zu sein. Stattdessen waren sie offenbar gezielt an besonders warme Stellen gelegt worden. So befanden sich mehr als 89 Prozent der insgesamt 157 Eier an Orten, an denen das Wasser heißer war als die Durchschnitttemperatur. 58 Prozent der Brut lag sogar in unmittelbarer Nähe von Schwarzen Rauchern – besonders heißen thermale Quellen, die dunklen, schwefelhaltigen Rauch ausstoßen. Der Rochen scheint die heißen Quellen demnach als eine Art natürlichen Inkubator zu nutzen. Eine sinnvolle Strategie, wie die Wissenschaftler berichten: Der Nachwuchs der Fische bleibt mehrere Jahre im Ei und damit so lange wie bei nur wenigen Arten. Die Schlote könnten helfen, diesen Prozess zu beschleunigen und die Embryos schneller fit für ein Leben außerhalb der schützenden Hülle zu machen.
Ähnliche Strategien sind bereits von manchen Landbewohnern wie dem Malau-Vogel Megapodius pritchardii bekannt. Der auf dem Pazifik-Archipel Tonga heimische Hühnervogel delegiert das Brüten an Vulkane und lässt die Erdwärme für sich arbeiten. Fossilienfunde deuten darauf hin, dass auch manche Dinosaurierarten diese Art des natürlichen Brutkastens genutzt haben könnten. Bei einem Meerestier wurde ein solches Verhalten dagegen noch nie zuvor beobachtet. Mit seiner raffinierten Brutpflege ist der Tiefseerochen Bathyraja spinosissima demnach eine echte Rarität.