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Erfolgreiche Invasion dank chemischer Kriegsführung

Erde|Umwelt

Erfolgreiche Invasion dank chemischer Kriegsführung
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Crazy Ants (rechts) schmieren sich ein, um das Gift der Feuerameise (links) zu neutralisieren. Credit: Lawrence Gilbert, University of Texas-Austin.
Invasoren schlagen Invasoren – genau das findet momentan im Süden der USA statt: Zwei aus Südamerika eingeschleppte Ameisenarten kämpfen hier erbittert um die Vorherrschaft. Die kleinere von beiden ist durch eine faszinierende Taktik allerdings klar im Vorteil, berichten Forscher. Die Krabbler machen das Gift ihrer Feinde unschädlich, indem sie sich mit einem Gegenmittel einschmieren. So muss sich die Rote Feuerameise geschlagen geben und befindet sich momentan auf dem Rückzug.

Seit 1920 wurde der Süden der USA nach und nach zu einer Besatzungszone: Die aus Südamerika eingeschleppte Rote Feuerameise breitete sich unaufhaltsam aus. Ihr Siegeszug basierte auf ihrem aggressiven Verhalten, das sie sowohl gegenüber anderen Ameisenarten als auch gegenüber potentiellen Angreifern wie dem Menschen an den Tag legt. Sie alle bekommen mächtige Waffen zu spüren: einen Stachel und hochwirksames Gift. Das aggressive Verhalten hat der Art einen ungewöhnlichen wissenschaftlichen Namen eingebracht: Solenopsis invicta. Er bedeutet: Die unbesiegte Feuerameise.

Doch nun müsste die Rote Feuerameise eigentlich in Solenopsis victa umbenannt werden – die besiegte Feuerameise, denn sie muss sich der sogenannten „Tawny Crazy Ant“ (Nylanderia fulva) geschlagen geben. Diese Ameisenart stammt ebenfalls ursprünglich aus Südamerika und breitet sich seit etwa zehn Jahren zunehmend im Süden der USA aus. Dabei verdrängt sie die Kolonien der Feuerameisen. Doch warum ist die Crazy Ant so erfolgreich – warum können diese vergleichsweise kleinen Ameisen die rabiaten Gegner besiegen? Dieser Frage sind die Forscher um Ed LeBrun von der University of Texas in Austin nachgegangen.

Am Anfang stand die Beobachtung einer Schlacht zwischen den beiden Arten in Texas, wo die Front sich momentan befindet. Eine Horde Feuerameisen hatte eine tote Grille entdeckt und machte sich an das Zerlegen der Beute, berichtet LeBrun. Normalerweise trauen sich keine anderen Ameisenarten in die Nähe der Feuerameisen, aus Angst vor ihrem tödlichen Gift. Doch dann marschierte plötzlich ein Bataillon Crazy Ants herbei und begann die Feuerameisen mit Gift zu attackieren. Bekamen sie wiederum eine Ladung des chemischen Kampfstoffes der Feuerameisen ab, zeigten sie ein eigenartiges Putzverhalten, berichtet der Forscher. Da kam ihm erstmals der Verdacht, es könnte sich um ein Verfahren zur Entgiftung handeln.

Einbalsamiert mit einem Gegenmittel

Um dieser Spur nachzugehen, führten er und seine Kollegen gezielt Laboruntersuchungen mit Vertretern der beiden Kriegsparteien durch. Es zeigte sich: Wenn Crazy Ants eine Ladung Feuerameisen-Gift abbekommen, nehmen sie mit ihren Mundwerkzeugen ein Sekret von ihrem Hinterleib auf und schmieren sich und eventuelle Stichwunden damit ein. Bei dem Stoff handelt es sich offenbar um ein Gegenmittel, das die Wirkung des Giftes der Feuerameisen aufhebt. Das konnten die Forscher durch ein Experiment belegen: Sie versiegelten die Drüsen am Hinterleib einiger Crazy Ants durch winzige Nagellacktröpfchen. Diese Tiere waren dadurch nicht mehr in der Lage sich zu detoxifizieren. Das Resultat: Die Hälfte von ihnen starb durch den Kontakt mit dem Gift der Feuerameisen. Bei Kontrolltieren, die sich selbst behandeln konnten, lag die Überlebensrate hingegen bei 98 Prozent.

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Dass Crazy Ants ein so effektives Mittel gegen das Gift der Feuerameisen besitzen, liegt den Forschern zufolge wahrscheinlich daran, dass die beiden Arten bereits uralte Feinde sind. Ihre ursprünglichen Verbreitungsgebiete in Argentinien und dem südlichen Brasilien überschneiden sich nämlich. Während dort keine Art die andere auslöschen kann, ist dies allerdings im Süden der USA der Fall. Den Siegeszug der Crazy Ants werden wahrscheinlich nur geografische beziehungsweise klimatische Faktoren begrenzen, so wie es bei den Feuerameisen zuvor auch der Fall war. Eine bessere Besatzungsmacht werden die Crazy Ants übrigens nicht abgeben: Auch sie gehören nicht in die Ökosysteme der südlichen USA und machen darüber hinaus den Menschen zu schaffen: Sie nisten sich besonders gerne in Gebäuden ein und nagen an Isolierungen von Stromleitungen…

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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