Einer der Hauptgründe für den weltweiten Rückgang der Korallenbestände ist die Überfischung – das ist bekannt. Der Grund: Gibt es zu wenig Fische, die Seetang-Sprösslinge vom Riff knabbern, beginnt das Kraut zu wuchern. Ist dann ein bestimmter Punkt überschritten, wird das Korallenriff schließlich zum artenarmen Algenwald und neue Korallen lassen sich nicht mehr nieder. Die Forscher um Danielle Dixson vom Georgia Institute of Technology in Atlanta wollten in diesem Zusammenhang herausfinden, ob möglicherweise „chemische Duftstoffe im Wasser bei diesem Prozess eine Rolle spielen.
Ihre Untersuchungen führten sie in Küstengewässern der Fidschi Inseln durch. Neben geschützten Riffen mit traumhaften Korallenlandschaften gibt es auch hier bereits Bereiche, bei denen Überfischung zur Ausbreitung von Seetang-Einöden geführt hat. Für Versuche im Labor entnahmen die Forscher aus beiden Kategorien der Meereswelt Wasserproben. Diese setzten sie für Experimente in speziellen Aquarien ein: Fische beziehungsweise Korallenlarven hatten darin die Wahl zwischen einem Kreislauf mit dem Wasser der intakten Riffe und einem mit dem der Seetang-Einöden. Ergebnis: Alle 15 getesteten Fischarten zeigten eine starke Vorliebe für das Wasser aus den gesunden Korallenriffen. Bei den Larven der drei Korallenarten im Test war es ebenso.
Gestank im Algen-Dickicht
Um den genauen Ursachen dieses Effektes auf die Spur zu kommen, führten die Forscher nun weitere Detail-Tests durch: Sie spülten Korallen intakter Riffe mit Meerwasser und führten damit erneut die Experimente in den Spezialaquarien durch. Dabei wurde deutlich, dass bestimmte Korallenarten offenbar Substanzen ans Wasser abgeben, die Jungfische und Korallenlarven gern riechen. Genau das Gegenteil gilt den Testergebnissen zufolge wiederum für bestimmte Seetang-Arten: Wenn die Biologen diese Gewächse spülten entstand Wasser, das die Lebewesen der Korallenriffe mieden – die Algen geben demnach Stoffe ab, die Fische beziehungsweise Korallenlarven als abstoßend empfinden.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse erscheinen nun Sanierungs-Projekte geschädigter Riffe problematisch, sagen die Forscher: „Wenn man ein degradiertes Areal durch Schutzmaßnahmen wieder aufpäppeln möchte, kann es sein, dass Fische und Korallen diese Region nicht als geeigneten Lebensraum wahrnehmen“, sagt Dixson. Deshalb sei dort möglicherweise eine gezielte Beseitigung des „stinkenden“ Seetangs sinnvoll. So könnte man Inseln im Riff schaffen, die Fische anlocken, die den umliegenden Algenbestand zurückdrängen und damit wieder zunehmend Lebensraum für Korallen schaffen. Ob dieses Konzept tatsächlich funktioniert, wollen die Forscher nun durch weitere Untersuchungen herausfinden.