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Städtische Müllabfuhr mit sechs Beinen

Erde|Umwelt

Städtische Müllabfuhr mit sechs Beinen
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Ameisen an einer weggeworfenen Birne (thinkstock)
Straßenschluchten, Hochhäuser, Beton – Großstädte wie New York erscheinen auf den ersten Blick nicht sonderlich lebensfreundlich für Tiere. Doch unsichtbar für die meisten menschlichen Bewohner gibt es dort längst auch eine ganze Armada von tierischen Großstädtern. Neben Ratten, Tauben und anderen Wirbeltieren sind dies vor allem Insekten: Fliegen, Ameisen und verschiedenste Käferarten. Wie enorm nützlich diese tierischen Mitbewohner sind, haben US-Forscher nun in einem Experiment festgestellt. Denn die sechsbeinigen Krabbler vertilgen erstaunliche Mengen an weggeworfenen Essensabfällen.

Aus Insektensicht ist eine Großstadt ein echtes Eldorado: Auf engstem Raum gibt es hier verschiedenartigste Lebensräume, vom Grünstreifen am Straßenrand über sandige oder steinige Flächen bis zum warmen und geschützten Innenraum unserer Häuser und Wohnungen. Kein Wunder also, dass die Artenvielfalt der Insekten in Städten oft sehr viel höher ist als im Umland, die zahlreichen Mikrohabitate bieten vielen verschiedenen Arten eine Nische. Nahrung finden die Insekten im Pflanzenbestand, aber auch in dem, was wir Menschen ihnen zur Verfügung stellen – durch unseren Abfall. Wie viele verschiedene Insektenarten in den Straßen New Yorks leben und wie viel unserer Abfälle sie fressen, haben Elsa Youngsteadt von der North Carolina State University in Raleigh und ihre Kollegen nun näher untersucht.

Für ihre Studie sammelten die Forscher zunächst Insekten und Tausendfüßler aus Probenstellen in New Yorker Parks und von Mittelstreifen der Straßen und bestimmten die Artenvielfalt. Dann begann das eigentliche Experiment: Die Forscher deponierten eine bestimmte Menge von typischen Essensabfällen, darunter Chips, Reste von Hot-Dogs und Keksen, an einigen Standorten in Parks und auf Mittelstreifen. Eine Hälfte dieser Häufchen wurde mit Käfigen überdeckt, damit nur Insekten sie erreichen konnten, nicht aber Ratten und anderer größere Tiere. Die restlichen Abfälle blieben frei liegen. Nach 24 Stunden kontrollierten die Forscher, wie viel inzwischen gefressen oder weggetragen worden war.

60.000 Hot Dogs im Jahr – in nur einer Straße

Das Ergebnis war überraschend: Die Häufchen mit Essensabfällen waren auch in den Käfigen drastisch geschrumpft. „Unseren Berechnungen nach fressen Insekten und andere Gliederfüßer allein im Mittelstreifen von Broadway und West Street mehr als 900 Kilogramm weggeworfenes Junk-Food pro Jahr“, berichtet Youngsteadt. „Das entspricht immerhin 60.000 Hot Dogs.“ Und bei dieser Menge sei eine Winterpause bereits mit eingerechnet. Nach Ansicht der Forscher demonstriert dies, wie wichtig auch oft eher als lästig geltende Insekten in der städtischen Umwelt sind. „Dies unterstreicht einen sehr realen Dienst, den diese Insekten uns erweisen: Sie beseitigen unseren Müll für uns“, so Youngsteadt.

Und noch etwas überraschte die Forscher: Am schnellsten verschwanden die Abfälle nicht etwa im Park, wo die Artenvielfalt der Insekten deutlich höher ist, sondern auf dem Mittelstreifen der Straßen. „Wir vermuten, dass das an der häufigsten Art der Mittelstreifen liegt, der Gemeinen Rasenameise (Tetramorium caespitum)“, sagt Youngsteadt. Diese ursprünglich in Europa heimische Ameisenart hat sich inzwischen auch in Nordamerika etabliert und kommt dort vor allem in den Städten vor, wo ihre Kolonien gerne unter Gehwegplatten siedeln. Die Allesfresser sind damit perfekt daran angepasst, von den Essensresten und Abfällen der Stadtbewohner zu leben.

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Die Ameisen und anderen Stadtinsekten sind dabei sogar doppelt nützlich, wie die Versuche zeigten. Denn sie machen sogar den Ratten Konkurrenz. „Raten und Ameisen konkurrieren um die menschlichen Abfälle – und was die Ameisen fressen steht den Raten nicht mehr zur Verfügung“, erklärt Youngsteadt. „Damit helfen die Ameisen nicht nur, unsere Städte sauberer zu halten, sie begrenzen auch die Populationen von Ratten und anderen Schädlingen.“

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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