Neukaledonienkrähen naschen in ihrer tropischen Heimat gerne fette Engerlinge, die sich im Holz verstecken. Um die Bockkäferlarven zu erreichen, angeln die cleveren Vögel: Sie basteln sich dazu aus Blättern oder Stielen Stocherinstrumente, die sie in die Wohnlöcher der Larven schieben. Mit ihrem Werkzeug pieken sie die Opfer solange an, bis sie sich mit ihren Mundwerkzeugen am Ende des Werkzeugs verbeißen. So können die Krähen sie dann herauszerren und verspeisen.
Bei diesem Werkzeuggebrauch handelt es sich allerdings nicht etwa um ein angeborenes Instinktverhalten – die Krähen haben sich bereits in vielen Untersuchungen als sehr kreativ und flexibel gezeigt: Sie basteln sich aus unterschiedlichen Materialien ihre Angeln beziehungsweise Stocher und nutzen sie mit erstaunlichem Verstand. Dabei ist aber offenbar eines auffällig, berichten die Forscher um Antone Martinho von der University of Oxford: Manche Tiere halten das Instrument stets rechts, andere links im Schnabel. Es verläuft dabei jeweils diagonal, so dass sich die Spitze auf der gegenüberliegenden Seite befindet. Die Forscher sind nun der der Frage nachgegangen, was es mit dieser Seitenpräferenz auf sich hat.
Das bessere Auge macht den Unterschied
Sie konnten bei ihren Untersuchungen zeigen, dass die Tiere die Werkzeugspitze immer nur mit dem Auge sehen können, das sich auf der gleichen Kopfseite befindet. So kam der Verdacht auf, dass die Tiere möglicherweise die Werkzeuge gezielt so halten, dass die Spitze im Sichtfeld des bevorzugten Auges liegt. Um diese Vermutung zu bestätigen, führten die Forscher mit ihren gefiederten Versuchstieren zunächst Tests durch, die Ausschluss geben sollten, welches Auge die Tiere bevorzugt für Detailblicke benutzen.
Sie präsentierten den Krähen dazu jeweils eine Röhre, in der sich ein Mehlwurm befand. Nun erfassten die Forscher genau, mit welchem Auge die Vögel in das Loch spähten. Dabei zeigte sich, dass jedes Tier dies bevorzugt mit einem seiner beiden Augen tat. Nun verglichen die Wissenschaftler diese Ergebnisse mit Tests, bei denen die Tiere ihre Werkzeuge einsetzten. So bestätigte sich: Neukaledonienkrähen halten ihr Werkzeug so im Schnabel, dass die Spitze im Sichtfeld ihres persönlich bevorzugten Auges liegt.
Damit hat die Seitenpräferenz der Krähen eine andere Ursache als die menschlichen Rechts- beziehungsweise Linkshändigkeit, sagen die Forscher. Denn wir haben beim Werkzeuggebrauch dank unserer Hände diese stets im Blickfeld beider Augen. Bei den Krähen ist das hingegen nicht der Fall, denn Schnabel und Augen werden bei ihnen durch die Kopfbewegungen stets gemeinsam bewegt.
Faszinierende Vogelintelligenz