Wie schaffen Flügel Auftrieb, wie heben Vögel ab, wie orientieren sie sich…? Die unterschiedlichen Aspekte des Vogelflugs haben Menschen schon immer fasziniert und waren deshalb bereits Gegenstand intensiver Forschung. Doch die Flugtechniken zur Kollisionsvermeidung bildeten dabei bisher eine Lücke, berichten David Williams und Andrew Biewener von der Harvard University in Bedford. Um sie zu schließen, haben sich die beiden Forscher nun gezielt mit dem Flugverhalten von Haustauben auseinandergesetzt. Sie konfrontierten ihre Versuchstiere dazu mit Gitterstäben, die sie im Flug passieren mussten. Dabei gestalteten die Forscher die Herausforderungen variabel: Die Vögle mussten sich durch immer schmalere Zwischenräume hindurchbugsieren. Die Breiten reichten dabei von 0,4 bis zu 0,2 Flügelspannweiten.
Erst Flügel-Pausen-Technik… dann Einklapp-Taktik
Die Videoaufnahmen der Forscher dokumentierten: Bei den vergleichsweise breiten Zwischenräumen meisterten die Vögel die Herausforderung meist mit einer „Flügel-Pausen-Technik“: Während einer Flügelaufwärts-Bewegung hielten sie dabei genau im Moment der Passage kurz inne, so dass ihre Flügel nach oben abgewinkelt an den Gitterstäben vorbeisausen konnten. Doch je enger die Stäbe wurden, desto eher gingen die Tauben zu einer Alternativ-Technik über, berichten die Forscher: Sie hielten ihre Flügel dabei seitlich und knickten sie ab, so dass sie durch die Gitterstäbe passten, ohne anzustoßen.
Den Forschern zufolge legt dieser Taktik-Wechsel nahe, dass beide Techniken mit Vor- und Nachteilen einhergehen, die je nach Grad der Herausforderung mehr oder weniger wichtig werden. Welche Faktoren dies sein könnten, untersuchten sie mittels Flugsimulationen und Modellberechnungen am Computer. Diese Analysen belegten: Bei der Flügel-Pausen-Technik wird das gesamte Flugverhalten vergleichsweise wenig beeinträchtigt: Das Tier verliert im Vergleich zur Klapptechnik nur wenig an Schwung und Flughöhe. Die Analysen der Klapptechnik dokumentierten hingegen, dass der Vogel dabei stabiler in der Luft liegt und weniger Gefahr läuft, sich womöglich doch anzustoßen.
Kosten-Risiken-Abschätzung entscheidet über Flugmanöver
Die Ergebnisse legen somit nahe, dass Tauben und vermutlich auch viele andere Vögel beim Anfliegen von Hindernissen eine Art kleine Kosten-Risiken-Abschätzung durchführen. Je höher ihnen die Gefahr erscheint, womöglich doch zu straucheln, desto eher nutzen sie die sicherere Flugtaktik. Nur dann ziehen sie diese der eleganteren Variante vor, denn diese entspricht wiederum einem anderen Grundprinzip der Natur: dem Streben nach möglichst großer Effizienz und kleinem Energieverbrauch.